Dieter Kempf wird neuer Chef des IT-Branchenbverbands Bitkom.Branche muss das Vertrauen der Kunden in Sachen Datenschutz zurückzugewinnen.
München. Neuer Kopf für den IT-Branchenbverband Bitkom. Dieter Kempf, der Vorstandschef des Datendienstleisters Datev, wurde am Freitag zum Präsidenten des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien einstimmig gewählt. Damit löst er den 69-jährigen August-Wilhelm Scheer ab. Nach zwei Amtszeiten kandidierte der bisherige Kopf des Verbandes nicht mehr für eine Neuwahl. Bei seiner Rede umriß Kempf die Linien seiner geplanten Amtszeit und rief die Branche auf, das Vertrauen der Menschen in die Sicherheit des Internets und den Schutz ihrer Privatsphäre wiederherzustellen: „Wir müssen konsequent gegen schwarze Schafe vorgehen“, forderte er. Eine neue Vertrauensbasis zu schaffen soll Eckpunkt seiner Kandidatur werden. Er wetterte gegen Unternehmen die sich über gesellschaftliche Regeln stellen und die Grenzen des Machbaren ausloten würden. Um solche Auswüchse einzudämmen denkt Kempf über eine Selbstverpflichtung der Branche nach.
Die bestehende Datenschutz-Möglichkeiten müssen zukünftig transparenter gestalltet werden. Dies sei eine dringende Aufgabe für die Unternehmen. Eine schrankenlose Gesichtserkennung wäre brandgefährlich, aber auf der anderen Seite sortierten viele Hobbyfotografen mit solchen Programmen ihre privaten Fotos einfacher und schneller. Deshalb seien Regelungen mit Augenmaß nötig, sagte Kempf. Gleichzeitig forderte er aber auch eine ehrliche Debatte und warf vielen Verbrauchern Gedankenlosigkeit und Heuchelei vor. Wer sich in einem sozialen Netzwerk selbst „seiner 1.200 Freunde rühmt“ oder ausländische Anbieter mit schlechterem Datenschutz als deutsche Konkurrenten wählt, der dürfe auch nicht jammern. Als paradox verfolgte er etwa die Debatte um Google Street View. Die deutschen Verbraucher ließen ihre Häuser zwar weltweit am häufigsten verpixeln, nutzten aber die Angebote der Seite am meisten.
Die ökonomisch wichtigste Aufgabe der IT-Branche wird es sein, den Aufbau "intelligenter Netze für Energie, Gesundheit und Verkehr“, aufzubauen, sagt Kempf. Eine wichtige Herausforderung stellt der flächendeckende von Super-Breitband-Netzen da, sowie der enorme Fachkräftemangel. „Es gibt kaum ein Unternehmen in der Branche, das ihn nicht spürt“, sagte Kempf. Ausländische Fachkräfte hätten auch anderswo gute Berufschancen, „die müssen nicht nach Deutschland kommen“. Deshalb müssten Familien und Schulen mehr für Erziehung und Bildung tun, und die Unternehmen müssten Frauen endlich ermöglichen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen, sagte der 58-Jährige.
Bitkom ist mit 1.350 Unternehmen, 700.000 Beschäftigten und 135 Milliarden Euro Umsatz der zweitgrößte Industrieverband nach dem Maschinenbauverband VDMA. Als Vizepräsidenten wurden Telekom-Chef Rene Obermann und Heinz-Paul Bonn bestätigt, Hewlett-Packard-Manager Volker Smid wurde als dritter Vizepräsident neu gewählt. (abendblatt.de/dapd)