Neue Zahlen belegen: Das Angebot an illegalen Filmen steigt sprunghaft. Die Branche findet kein Mittel gegen Plattformen wie Kino.to.

Gegensätzlicher könnte die Entwicklung kaum sein. Während die Zahl der illegalen Musikdownloads seit 2005 um mehr als ein Drittel zurückgegangen ist, explodiert die der angebotenen Filme. Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) hat im vergangenen Jahr rund 526.000 deutschsprachige Filmdateien ausgemacht, die im Internet feilgeboten wurden. Ein Plus von 58 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Noch größer ist der Zuwachs bei den sogenannten Streaming-Angeboten, wo der Film zwar wiedergegeben aber nicht dauerhaft auf der Festplatte des Nutzers gespeichert wird. Hier zählte die GVU mehr als 151.000 illegale Filmversionen – ein Plus von 217 Prozent. „Streaming-Angebote sind auf dem Vormarsch, weil sie sich komfortabel konsumieren lassen“, sagte GVU-Geschäftsführer Matthias Leonardy bei der Vorstellung des Jahresberichts seines Verbandes.

Zu den bekanntesten illegalen Webseiten dieser Art gehören beispielsweise Kino.to und Movie2k.com. Sie zeigen aktuelle Filme auf Knopfdruck – ohne dass der Nutzer erst umständlich Programme installieren muss. Bei der GVU gilt Kino.to längst als „Top-Target“, dessen Bekämpfung oberste Priorität hat. Doch bislang laufen alle Bemühungen ins Leere. Die Webseite gehört zwar zu den meistbesuchten in Deutschland, die Internetadresse ist aber in Togo registriert und die Filme liegen auf Computern in Russland. „Leider sieht die russische Justiz die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen nicht als ihre Hauptaufgabe an“, so Leonardy resignierend.

Ganz anders stellt sich die Situation der Musikwirtschaft dar. Laut der im Frühjahr vorgestellten GfK-Brennerstudie nahm die Zahl der illegalen Downloads in den vergangenen vier Jahren drastisch ab – von 412 auf zuletzt 258 Millionen Stück. Zwar lässt sich diese Statistik nicht direkt mit jener der Filmindustrie vergleichen, weil sie statt des Angebotes die Nachfrage ermittelt. Doch der Trend ist klar: Die Deutschen interessieren sich zunehmend für illegale Filme und weniger für illegale Musik.

Experten führen das unter anderem auf die Abmahnungen zurück, die die Musikbranche an Hunderttausende Nutzer von Tauschbörsen verschickt hat. „Da hat die Abschreckung wohl funktioniert“, sagt Volker Zota vom Fachmagazin c’t. Allerdings sei die Abmahnpraxis umstritten, weil sie zu horrenden Kosten von mehreren hundert Euro pro Schreiben führt und die potenziellen Kunden vergraule. Vor allem die US-Filmstudios lehnen eine solche Vorgehensweise ab. „Wir wollen an die Verteilerspitze und nicht an die Endkunden“, so Leonardy.

Die Filmbranche jagt lieber die „First Seeder“, die den Film als erstes ins Internet stellen. Auch sie greift dabei zu rabiaten Methoden. Zuletzt gingen Fahnder mit Nachtsichtgeräten in die Kinosäle und beobachteten heimlich die Besucher. Abgesehen hatten sie es auf Raubkopierer, die die neusten Blockbuster von der Leinwand abfilmen.

Für den einfachen Internet-Nutzer scheint das Risiko derweil äußerst gering zu sein, wegen einer illegalen Filmkopie belangt zu werden. Bei Streaming-Angeboten wie Kino.to ist es technisch kaum möglich, die Identität der Nutzer festzustellen. Anders als bei Tauschbörsen können die Ermittler nicht die sogenannte IP-Adresse abfangen, also die Kennung der Internet-Nutzer. Allerdings geben sich die Streaming-Nutzer im Gegensatz zu den Downloadern auch mit schlechter Filmqualität zufrieden. Nun appelliert die Filmwirtschaft an das Rechtsbewusstsein. In den kommenden Wochen plakatiert die GVU die Kinos und Videotheken mit Postern, auf denen Sprüche stehen wie „Danke, dass du dir das Original anschaust.“ c’t-Experte Zota hält das für wenig effektiv: „Die meisten Kinobesucher werden darüber nur schmunzeln.“

Die Profitgier der Filmpiraten

Gefährlich scheint den Raubkopierern wohl nur die eigene Gier werden zu können. Hinter Kino.to und ähnlichen Webseiten stehen hochprofessionelle, profitorientierte Gruppen. Sie haben ihre illegalen Angebote zugepflastert mit Abofallen, ziehen den Nutzern damit jedes Jahr Millionen aus der Tasche. In Film-Tauschbörsen wiederum soll Studien zufolge die Zahl der virenverseuchten Dateien immer mehr zunehmen. Vielleicht verleitet zumindest das die raubkopierenden Deutschen zur Einsicht.

Quelle: Welt Online