Eine Agentur vermittelt Hauswächter für 150 Euro Miete. Sie können in leerstehenden Herrenhäusern oder Klöstern wohnen.
Berlin. Eine Agentur vermittelt "Hauswächter" für leerstehende Gebäude. Für 150 Euro im Monat können sie in Herrenhäusern wohnen. Die Kündigungsfrist allerdings beträgt nur vier Wochen.
Nur 325 Euro Miete für ein ganzes Kloster: Das bezahlt "Hauswächterin" Bairbre Kelly (38). Es sei für sie und ihren Partner schon immer ein Traum gewesen, in solch einem alten Gemäuer zu wohnen, erzählt die Irin. Jeder Raum hat hohe Decken, einen Kamin und besonders dicke Mauern. Eigentlich wollte ein Investor das Anwesen zu einem Altenheim umbauen, doch dann ging er pleite. Da kam die Firma Camelot ins Spiel: Das Unternehmen vermittelt alte Schlösser, Klöster und andere historische Gemäuer an Personen, die Ausgefallenes lieben. "Wir suchen junge Menschen mit erwachsenem Lebensstil", beschreibt Bob de Wilder, Marketing-Manager des Unternehmens, das Profil seiner Hauswächter.
Die Idee dahinter ist eigentlich ganz einfach: Stehen Häuser, besonders historische Häuser lange leer, so verfällt die Gebäudesubstanz deutlich schneller, als wenn sie bewohnt werden. Werden Räume dann lage nicht geheizt und nicht durchlüftet, setzen Wände schnell Schimmel an, und die Bausubstanz verfällt. Außerdem stehen gerade Schlösser, Klöster oder ehemalige Botschaftervillen oft entfernt von Siedlungen, und so erfüllen die neuen Bewohner noch einen weiteren Zweck: Sie halten Graffiti-Sprayer, Vandalen, Hausbesetzer oder auch Einbrecher fern.
Als Bewohner muss man natürlich eine gewisse Neigung für riesige, manchmal verspukt wirkende Gemäuer mitbringen. Eine junge Niederländerin bewohnt allein eine riesige Villa mit Dachterrasse und elf Zimmern. Der Park um das Haus ist dabei so groß, dass sie darin sogar joggen gehen kann.
Für die Eigentümer entfällt dank der Hauswächter der teure Einbau (und die Wartung) von Alarmanlagen, von Tür- und Fensterbarrikaden und die Beauftragung eines Patrouillendienstes. Die Hauswächter signalisieren der Nachbarschaft: Hier wohnt jemand, und das Gebäude ist unter Obhut.
Die Zwischenmieter können im Objekt so lange wohnen, bis der Eigentümer weiß, was er mit der Immobilie anfangen will. Das kann Jahre dauern. Der Haken an der Geschichte: Sobald ein Kaufinteressant an der Angel ist und zuschlägt, müssen die Zwischenmieter ganz kurzfristig ausziehen. Die Kündigungsfrist beträgt für beide Seiten vier Wochen.
Für die Schlossbewohner gelten besondere Regeln, die über ein reines Mietverhältnis hinausgehen. Dazu zählt ein Rauchverbot im ganzen Haus, keine Haustiere, keine Kinder, keine großen Partys. Gäste, die länger als eine Nacht bleiben, müssen angemeldet werden. Auch wenn der Hauswächter mal Urlaub machen möchte, muss er dies mitteilen. Und einmal im Monat kommt ein Mitarbeiter von Camelot vorbei, um den Zustand des Anwesens persönlich in Augenschein zu nehmen.
Die Firma wurde Anfang der 90er-Jahre in den Niederlanden gegründet. Mittlerweile betreut sie auch Objekte in Belgien, Großbritannien, Irland und Frankreich, insgesamt mehr als 5000. Das Verzeichnis der Objekte ist eine Mischung von Denkmalarchiv und Architekturführer. Kleinode wie alte Kinos, historische Gasthöfe, Schulen, Herrenhäuser, aber auch Bürogebäude sind im Angebot.
Die Gründung des Unternehmens (online unter www.cameloteurope.com) fußt auf einer speziellen Gesetzeslage in den Niederlanden. Dort darf jedes Haus, das länger als ein Jahr leersteht, besetzt werden. "Um dies zu verhindern, haben wir Camelot als ,Anti-Hausbesetzer-Agentur’ gegründet", sagt de Wilder.
Laut Camelot sucht das Unternehmen sich die Mieter genau aus: "Wir arbeiten besonders gerne mit Menschen, die beispielsweise als Krankenschwester oder als Lehrer zeigen, dass sie Verantwortung übernehmen können. Diese Verantwortung zeigt sich meist auch im Umgang mit den Gebäuden." Jeder Mietinteressent müsse das Büro von Camelot persönlich aufsuchen.
Im Vertrag wird genau festgehalten, welche Räume der Mieter bewohnen darf, wie viele Wächter ein Gebäude aufnehmen kann, ob der Mieter die Räume streichen, Löcher in die Wand bohren und eigene Möbel aufstellen darf, wie die sanitären Einrichtungen aussehen, ob Schlösser ausgetauscht werden müssen, ob eine eventuell vorhandene Alarmanlage in Funktion bleibt oder ob sie ausgeschaltet wird und anderes mehr.
Generell übernehmen die Eigner des Gebäudes Kosten für Strom, Gas und Wasser. "Dafür müssen sie für unseren Service nichts bezahlen – und das ist immer noch günstiger, als einen Wachdienst zu ordern", sagt de Wilder.
Auch für Zweitwohnungen und Ferienhäuser bietet Camelot die Dienste der Hauswächter an, da es auch in diesem Bereich für manche Eigentümer zweckmäßig ist, ihre Objekte nicht zu lange unbeaufsichtigt zu lassen.
Vor kurzem wurde das Unternehmen auch in Deutschland aktiv. Dirk Rahn ist in Hamburg für Norddeutschland zuständig, sein Kollege Karsten Linde in Düsseldorf für Süddeutschland. "Wir sind jetzt dabei, Gebäude in Deutschland zu akquirieren", sagt Rahn: "Dabei wenden wir uns zuerst an Banken, Stadtverwaltungen und Versicherungen."
In Deutschland müssen die Immobilieneigner für den Service von Camelot bezahlen; der Betrag richtet sich dabei nach der Objektgröße. Die Hauswächter müssen lediglich ein Verwaltungsentgelt von rund 165 Euro pro Monat entrichten. Allerdings haben sie nicht die gleichen Rechte wie normale Mieter.
Die verfügbaren Objekte werden mit Fotos und ungefährer Ortsangabe auf die Camelot-Homepage gestellt. "Bei Gefallen können sich Wächter dann online für ein bestimmtes Objekt bewerben", erläutert Rahn die Vorgehensweise: "Bei Gefallen gehen wir auf die Bewerber zu und vereinbaren dann einen Besichtigungstermin vor Ort."
Dass es nicht gerade einfach ist, sich eine Wohnung in einem alten Schloss oder Herrenhaus zu suchen, weiß Konrad Fischer, der auch solche besonderen Immobilien vermittelt. "Da sind eine Menge Spinner unterwegs, die so ein altes Gemäuer für ihren abgehobenen Lebensstil suchen", erzählt der Makler: "Doch die Wenigsten haben das Geld, sich ein Leben in solch einer Immobilie zu leisten".
Das Haupthindernis für potenzielle Burgen- und Schlosskäufer sei meist der mangelnde Ertrag, den solch ein Objekt mit sich bringt, berichtet Fischer. Selbst angeblich gut gehende Schlosshotels arbeiteten oft nur am Rande der Gewinnzone. Fischer sieht es ganz nüchtern und sieht sich bestätigt durch all seine bisherigen Kosten-Nutzen-Analysen: "Solche Projekte sind und bleiben immer unwirtschaftliche Liebhaberei, ein Millionengrab – oder ein Anlageobjekt für Schwarzgeld und Geldwäsche."