Mehr als 200 Milliarden Dollar haben Private-Equity-Häuser für Zukäufe ausgegeben. Besonders Deutschland steht im Visier der Firmenjäger.
Seht her, mit uns ist wieder zu rechnen. Die in den vergangenen Jahren so arg gebeutelten Finanzinvestoren wollen von Krise nichts mehr wissen. Sie sprechen lieber über neue Milliardendeals, finanziert mit dem vielen billigen Geld, das ihnen auch von Banken bereitwillig zur Verfügung gestellt werde. Als Beleg dafür, dass es sich mehr als nur um Zweckoptimismus handelt, kommt der Branche eine Nachricht aus dem fernen Australien wie gerufen: Der US-Finanzinvestor Blackstone will angeblich für 9,4 Milliarden Dollar den australischen Betreiber von Einkaufszentren Centro übernehmen.
Eine solche Transaktion, fast im zweistelligen Milliardenbereich, schien noch vor kurzem unmöglich. „Wir sehen ein fantastisches Umfeld für Private Equity“, sagte Michael Phillips, Deutschland-Chef der Beteiligungsfirma Apax Partners, auf dem alljährlichen Branchentreffen in Berlin, das den etwas aus der Zeit gefallenen Namen „Super Return“ trägt. Die Bedingungen seien in großen Teilen sogar besser als vor einigen Jahren. So seien die Finanzierungszinsen historisch niedrig. „Das ist eine großartige Zeit für Übernahmen.“
Nach Daten von Thomson Reuters haben Private-Equity-Häuser 2010 weltweit Zukäufe über rund 225 Milliarden Dollar gestemmt, fast doppelt soviel wie 2009. Damit waren Beteiligungsunternehmen bei neun Prozent aller Übernahmen dabei. In den Boomjahren lag dieser Anteil jedoch bei mehr als dem Doppelten. Für das laufende Jahr planen laut einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) sieben von zehn Investoren wieder mehr Geld auszugeben.
41 Prozent gehen dabei davon aus, dass die Banken sie wieder großzügiger auf ihren Einkaufstouren unterstützen, bei den befragten deutschen Finanzinvestoren lag dieser Wert sogar bei 62 Prozent. Wobei der Kreditanteil bei einer Transaktion noch weit von den Vorkrisenniveaus entfernt ist. Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer geht davon aus, dass lediglich zwischen 50 und 60 Prozent der Kaufsumme mit geliehenem Geld abgedeckt werden können. Vor der Krise lag der Anteil häufig nur bei 20 Prozent – der Rest kam meist ohne große Kreditauflagen von Banken. Das brachte in der Finanzkrise dann manch ein Institut in große Bedrängnis, hohe Summen mussten abgeschrieben werden.
Es fehlt an guten Gelegenheiten
Das größte Problem für Private-Gesellschaften ist derzeit der Mangel an Kaufgelegenheiten. Das gilt zumindest für Europa. „Noch verkaufen deutsche Firmen nicht soviel, aber wir hoffen auf eine baldige Belebung“, sagte Phillips. Auch Stefan Zuschke, Deutschlandchef des Finanzinvestor BC Partners, sieht nur wenige Übernahmechancen für Firmenjäger in Deutschland. „Das sieht hierzulande nicht üppig aus“, sagte er. Einige größere Übernahmen seien in diesem Jahr zwar durchaus denkbar. „Eine Serie von Milliardendeals wie in der Boomzeit sehe ich aber nicht.“
Bei den wenigen Übernahmezielen seien strategische Interessenten aus der jeweiligen Branche zudem oft im Vorteil. „Strategen haben sehr dicke Taschen und Cash-Berge angehäuft“, so Zuschke. „Das macht es für Finanzinvestoren in Kaufprozessen nicht einfach.“ Der Rückgang auf dem deutschen Übernahmemarkt fiel im Vorjahr deutlich stärker aus als in anderen Ländern. Nichtsdestotrotz wollen laut PwC-Umfrage bis zum Jahr 2015 sieben von zehn der befragten ausländischen Fonds in Deutschland investieren. Derzeit hätten erst 56 Prozent auch deutsche Adressen in ihrem Beteiligungsportfolio, 2008 waren es sogar nur 46 Prozent.
„Insbesondere aus der Perspektive mittelständischer Unternehmen mit dünner Kapitaldecke ist der Stimmungswandel eine gute Nachricht“, so der Leiter des Bereichs Private Equity bei PwC, Richard Burton. Die Auslandsfonds brächten zusätzliches Geld nach Deutschland und seien auch eher als die heimischen Vertreter bereit, Minderheitsbeteiligungen einzugehen. PwC befragte für seine Studie 200 Private-Equity-Gesellschaften, darunter 34 aus Deutschland.
Die Investmentbranche und ihre Geldgeber profitierten in den vergangenen Monaten insgesamt vom allgemeinen Wirtschaftsaufschwung – viele Portfoliounternehmen präsentierten sich wieder in sehr viel besserer Verfassung. Entsprechend erholten sich auch die Notierungen vieler börsengelisteter PE-Gesellschaften wie Blackstone, KKR und 3i. Insgesamt gibt es rund 125 Beteiligungsgesellschaften, deren Aktien an der Börse gehandelt werden. Als Leitbarometer für die Kursentwicklung gilt der LPX-Index.
Mit der Kurserholung sind die Verluste aber längst nicht wieder aufgeholt. Nach dem Hoch im Juni 2007, als die Branche boomte und Blackstone es gerade noch schaffte, seine Aktien teuer an der Börse zu verkaufen, ging es kräftig abwärts – kräftiger als an den weltweiten Aktienmärkten, wie ein Vergleich des LPX-Index mit dem breiten Aktienbarometer MSCI World zeigt (siehe Grafik). Seit Frühjahr 2009 lief das Private-Equity-Barometer dann von seinem niedrigeren Niveau aus parallel mit dem Gesamtmarkt wieder nach oben. Das Hauptrisiko für Fonds und Indexprodukte, mit denen auch Privatanleger an der Entwicklung des Beteiligungsgeschäfts mitverdienen können, ist denn auch das allgemeine wirtschaftliche Umfeld.
Kommt der Aufschwung ins Stocken und damit auch die Aktienmärkte, wird sich dies direkt an der Wertentwicklung der Anlageprodukte zeigen. Damit geht noch ein anderer Punkt einher: Das Geschäft ist für eine Beteiligungsgesellschaft erst dann erfolgreich abgeschlossen, wenn sie ihre Anteile an einem Unternehmen wieder mit Gewinn verkauft hat. In den vergangenen Jahren stand die Börse als Verkaufsort kaum noch zur Verfügung. In diesem Jahr werden wieder deutlich mehr Börsengänge erwartet – doch den gleichen Optimismus gab es vor einem Jahr schon einmal.