Im Übernahmeversuch von VW sollen die EX-Chefs auch Existenz gefährdende Risiken eingegangen sein. Wiedeking sieht sich entlastet.

Frankfurt. Der geplante Zusammenschluss der Autohersteller Volkswagen und Porsche gerät ins Wanken. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft weitete ihr Verfahren gegen die ehemalige Porsche-Führungsspitze aus – die Ermittlungen sind eine der größten Hürden auf dem Weg zu einer Fusion. Bei einer deutlichen Verzögerung des Verfahrens könnte die Fusion nach Angaben der beiden Autohersteller nun sogar platzen. Börsianer reagierten schockiert: Die Volkswagen-Vorzugsaktie verlor am Donnerstag zwei Prozent und war einer der größten Verlierer im Dax. Die Porsche-Titel stürzten sogar um zwölf Prozent ab.

Porsche erklärte, durch die Verzögerung der Ermittlungen gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Wendelin Wiedeking und Ex-Finanzchef Holger Härter verringere sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Beschlüsse zur Verschmelzung mit Volkswagen wie geplant noch 2011 gefasst würden. Sie sinke von bisher 70 auf nun 50 Prozent. „Kommt es zu wesentlichen Verzögerungen des Verschmelzungsprozesses gegenüber dem Zeitplan der Grundlagenvereinbarung, sinkt nach Einschätzung des Vorstands der Porsche SE auch die Wahrscheinlichkeit eines Gelingens der Verschmelzung insgesamt.“ Am Zeitplan für die geplante Kapitalerhöhung zu seiner Teilentschuldung will Porsche allerdings festhalten.

Volkswagen teilt nach eigenen Angaben „die nun vorsichtigere Einschätzung von Porsche zum Zeitpunkt und zur Wahrscheinlichkeit der Verschmelzung“. VW stehe aber weiter voll hinter der Verschmelzung und arbeite an der Umsetzung. „Aufgrund der Erklärung der Stuttgarter Staatsanwaltschaft kann es allerdings länger dauern als geplant, bis feststeht, ob und zu welchen Bedingungen die in der Grundlagenvereinbarung vorgesehene Verschmelzung vollzogen wird.“

Die Ermittlungen richten sich zwar gegen die beiden Ex-Manager und nicht gegen das Porsche. Die Unternehmen müssen aber befürchten, dass die Ergebnisse der Untersuchungen für Schadensersatzklagen gegen Porsche genutzt werden.

Analysten werteten die Verzögerung indes nicht als Gefahr für das Fusionsvorhaben als solches. Albrecht Denninghoff von Silvia Quandt sagte, der geplante Zusammenschluss verzögere sich zwar nun. Das sei für Investoren aber ohne Belang, da eine Verschmelzung zu steuerlich günstigen Bedingungen ohnehin erst in einigen Jahren möglich sei. VW-Finanzchef Hans-Dieter Pötsch hatte darauf hingewiesen, dass der Fiskus im Zuge der Fusion mehr als eine Milliarde an Steuernforderungen stellen könne. Dieses Risiko lasse sich nach derzeitiger Gesetzeslage erst im Jahr 2014 endgültig ausschließen.

WIEDEKING: HAUPTVORWURF IST VOM TISCH

Wiedeking ließ der Nachrichtenagentur Reuters von einem Sprecher mitteilen, dass er sich in den Ermittlungen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft in einem wichtigen Punkt entlastet sehe. „Alles, was im Durchsuchungsbeschluss der Staatsanwaltschaft vom August 2009 uns vorgeworfen wurde, ist nunmehr vom Tisch. Ich bin sehr froh darüber, dass damit der Hauptvorwurf erledigt ist. Die übrigen Vorwürfe werden wir mit großer Geduld auch abarbeiten.“ Die Staatsanwaltschaft hatte damals neben Geschäftsräumen von Porsche auch die Privatwohnungen von Wiedeking und seinem damaligen Finanzvorstand Holger Härter durchsucht.

Porsche hatte 2008 versucht, mit riskanten Finanztransaktionen den deutlich größeren VW-Konzern zu schlucken. Dabei verspekulierte sich die Konzernspitze um Wiedeking jedoch, Porsche drohte unter der Schuldenlast zusammenzubrechen. VW dreht den Spieß um, rettete Porsche und will sich nun seinerseits das Stuttgarter Unternehmen einverleiben. Wegen der geplatzten Übernahme von VW durch Porsche ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Wiedeking, Härter und andere Beteiligte. Auch viele Investoren haben Klagen eingereicht oder angekündigt. Den damaligen Porsche-Managern wird vorgeworfen, sie hätten ihre Übernahmepläne lange verheimlicht und damit Börsenkurse manipuliert.

ERMITTLUNGEN GEGEN EX-PORSCHE-SPITZE AUSGEWEITET

Die Staatsanwaltschaft Stuttgarter erklärte am Donnerstag, sie lasse den Vorwurf der Marktmanipulation durch Handel mit Aktien gegen die beiden Ex-Manager fallen, der Verdacht der Falschinformation bleibe aber bestehen. Zugleich wurde das Verfahren gegen die beiden Manager um den Verdacht der Untreue und des Kreditbetrugs erweitert. Es bestehe der Verdacht, dass die ehemaligen Vorstände im Zuge des gescheiterten Versuchs, VW zu übernehmen, „existenzgefährdende Risiken“ für Porsche eingegangen seien, indem sie Aktienkurssicherungsgeschäfte eingingen.

Die Untersuchungen der Strafverfolger richten sich zwar gegen die beiden Ex-Manager und nicht gegen Porsche. Das Unternehmen müssen aber befürchten, dass die Ergebnisse der Untersuchungen für Schadensersatzklagen gegen Porsche genutzt werden.