Wer in den Tiefen von Wikipedia stöbert, stellt fest, dass Frauenthemen dort oft nur wenig Platz eingeräumt wird. Dafür gibt es einen Grund.
Das Internet ist längst keine Männerdomäne mehr. In den meisten sozialen Netzwerken sind wesentlich mehr Frauen vertreten. Laut einer Studie waren es 2009 bei Facebook 54 Prozent, bei Twitter 57 und bei MySpace sogar 64. Kläglich wirkt dagegen ein Frauenanteil von knapp 13 Prozent unter den Hunderttausenden Autoren des Online-Lexikons Wikipedia.
Dagegen will die Wikipedia-Stiftung nun etwas unternehmen: Sue Gardner, eine ihrer Direktorinnen, hat das Ziel ausgerufen, den Anteil der weiblichen Wikipedia-Autoren bis 2015 auf 25 Prozent zu steigern, berichtet die „New York Times“. Es gehe dabei nicht um Gleichstellung um der Gleichstellung willen, sondern darum, die Enzyklopädie so gut wie möglich zu machen.
Bei einem von keiner Zentralredaktion geleiteten Lexikon wie Wikipedia, bei dem die Artikel von kenntnisreichen Amateuren aus aller Welt geschrieben werden, bestünde sonst die Gefahr, dass die Themen, die vor allem Männer interessieren ungleich stärker gewichtet werden als frauenaffine Einträge.
Als Ergebnis der männlichen Definitionsmacht enthält die englischsprachige Wikipedia-Ausgabe beispielsweise lange und detallierte Zusammenfassungen jeder einzelnen Folge der Männer-und-Mafia-Serie „The Sopranos“, während die Inhaltsangaben bei „Sex And The City“ wesentlich kürzer ausfallen.
Die Wikipedia-Direktorin wird mit einem weiteren Beispiel zitiert: Der Eintrag über ihre Lieblinsautorin Barker sei früher nur drei Absätze lang gewesen, während der Artikel über Niko Bellic fünfmal so lang gewesen sei. Das Problem sei demografischer Natur: Pat Barker ist eine 67 Jahre alte Britin, die Romane über den 1. Weltkrieg schreibt, Niko Bellic ist eine Figur aus dem Computerspiel „Grand Theft Auto“ und er ist 30.
Gardner löste das Problem ganz im Geiste von Wikipedia: Sie schrieb selber einige Absätze über Pat Barker dazu. Nun muss sie nur noch genügend Frauen animieren, das Gleiche für populäre Modeschöpfer, Freundschaftsarmbänder bei Teenagern und andere chronisch zu kurze Einträge zu tun.