Die Mehrheit der Lebensmittel-Firmen erwartet laut einer Umfrage, dass der Dioxin-Skandal sich wiederholt. Die Verluste gehen in die Millionen.
Trotz verschärfter Kontrollen und strenger Regelungen wartet die Lebensmittelbranche bereits auf ihren nächsten Skandal. Wie aus einer Befragung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC unter 200 Betrieben hervorgeht, glauben fast drei Viertel der Firmen in Landwirtschaft, Futtermittel- und Lebensmittelindustrie, dass es auch künftig Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften bei der Futtermittelherstellung geben wird. Fast 40 Prozent hielten das Risiko sogar für hoch, teilte PWC mit.
42 Prozent der Betriebe rechnen laut der Befragung mit Einbußen durch den aktuellen Dioxin-Skandal. Die Verluste belaufen sich den Schätzungen zufolge auf mehr als 30 Millionen Euro. Insgesamt bewerte die Branche die Sicherheit der Lebensmittel in Deutschland aber als hoch; 72 Prozent der Betriebe äußerten sich entsprechend. „Diese auf den ersten Blick widersprüchlichen Bewertungen lassen auf eine Dunkelziffer bisher nicht aufgedeckter Fälle und ein verbesserungsbedürftiges Kontrollumfeld schließen“, erklärte Gerd Bovensiepen, bei PWC zuständig für Handel und Verbraucher.
Um die Lebensmittelsicherheit zu verbessern, hielten knapp 80 Prozent der befragten Betriebe höhere Preise für Essen und Getränke für „unbedingt erforderlich“. Etwa ebenso viele forderten Gesetzesverstöße in diesem Bereich „konsequent zu verfolgen“. Knapp zwei Drittel bemängelten außerdem fehlende Notfallpläne, die beim Verdacht auf Verunreinigung griffen. Die in den Dioxin-Skandal verwickelte Firma Harles und Jentzsch in Uetersen (Kreis Pinneberg) kann vorläufig weiterarbeiten. „Es ist ausreichend Liquidität vorhanden, um diesen Betrieb hier fortzuführen“, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter HeikoFialski.
Harles und Jentzsch darf keine Futterfette mehr herstellen
Allerdings dürfe die Harles und Jentzsch GmbH keine Futterfette mehr herstellen. Erlaubt seien nur noch der Handel mit technischen Fetten und Fettsäuren sowie die Produktion von Natronseifen für die Papierindustrie. Die in Uetersen lagernden Warenvorräte seien durch das Landeslabor Schleswig-Holstein untersucht und unter Auflagen für eine Verwendung außerhalb des Futtermittelbereichs freigegeben worden. Ein qualifizierter Fachbetrieb solle die Verwendung der Warenvorräte und alle Handelsgeschäfte überwachen.
Das Unternehmen Harles und Jentzsch steht im Verdacht, systematisch Futterfette gepanscht zu haben. Futtermittel mit überhöhten Dioxinwerten waren unter anderem in Legehennen-Betrieben eingesetzt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Nach Fialskis Angaben haben sich bisher 30 Geschädigte gemeldet, die Schadenersatzansprüche geltend machen wollen. Diese seien noch nicht beziffert. „Was dabei am Ende herauskommt, steht noch nicht fest.“ Harles und Jentzsch hatte wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet. „Das gesamte Vermögen der Harles und Jentzsch GmbH steht den Gläubigern zur Verfügung.“
Über den Wert des haftenden Betriebsvermögens könnten aber noch keine Angaben gemacht werden. Das Unternehmen hat nach Fialskis Angaben bei ihrer Betriebshaftpflichtversicherung und beim Deutschen Verband Tiernahrung einen Schadensfall angezeigt. Die Haftpflichtversicherung decke Personen- und Sachschäden bis zu 2 Millionen Euro und Vermögensschäden bis zu 100.000 Euro ab.
Beim Verband Tiernahrung besteht eine Haftpflichtversicherung über maximal 25 Millionen Euro. „Wann das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma Harles und Jentzsch GmbH eröffnet wird, steht noch nicht fest“, sagte Fialski. Bei dem Unternehmen sind elf Mitarbeiter beschäftigt. Sechs weitere Arbeitnehmer bei einer Tochtergesellschaft seien durch die Insolvenz mittelbar betroffen.