Strategiewechsel bei McDonald's? Die erste Filiale des Konzerns hat den Verkauf von Hamburgern eingestellt – und macht mehr Umsatz.

Paris. Ein Geschäftsviertel vor den Toren von Paris. Zwischen Banken, Immobilienmaklern und Büros von Großkonzernen ein kleines Café. Die Wände sind mit geweißten Holzbrettern verkleidet, in der Mitte steht ein langer Holztisch, den Bubiköpfe und rustikale Gebinde aus Birkenhölzern zieren. An der Salatbar geben Gäste ihre Bestellung auf, wählen zwischen mehreren Blattsalaten und 28 anderen Zutaten wie Schafskäse, getrockneten Tomaten, Oliven und frischen Kräutern. Bevor die Bedienung alles in einer großen Schüssel am Tisch serviert, hackt sie alle Zutaten auf einem Brett mit einem Wiegemesser durch.

Ein ganz normaler Bio-Imbiss, könnte man meinen. Doch es handelt sich um das erste Hamburger-freie McDonald’s-Restaurant. Der amerikanische Fast-Food-Riese testet hier im westlich von Paris gelegenen Büroviertel La Défense ein neues Konzept: Salate, zu Preisen um die sieben Euro. Kunden können zwischen fünf klassischen Rezepten wählen oder sich eine eigene Mischung zusammenstellen. Eilige können per Internet vorbestellen. „Für uns ist das ein Prototyp, ein Versuchslabor“, sagt Isabelle Kuster, bei McDonald’s als Vize-Präsidentin für Frankreich und Südeuropa zuständig. „Wir geben uns einige Monate Zeit, um das Konzept zu prüfen.“

Salatbar getestet

Ausgerechnet in Frankreich, dem Land, das so stolz ist auf seine Gastronomie, feiert die amerikanische Schnellimbiss-Kette ihre größten Erfolge. Zu verdanken hat sie das der Anpassung ihres Angebots an die französischen Essgewohnheiten und innovativen Ideen wie eben jetzt der Salatbar. Frankreich ist so mit einem Jahresnettoumsatz von zuletzt 3,6 Milliarden Euro zum zweitwichtigsten Markt des Konzerns hinter den USA geworden – und McDonald’s mit über 1150 Filialen der größte Restaurantbetreiber Frankreichs. Nun will der amerikanische Fast-Food-Riese im Land der Gourmets mit seinen McCafés Starbucks Konkurrenz machen und neuen Wettbewerbern wie den Bio-Edelimbissen Exki sowie Cojean Kunden abjagen.

Bevor McDonald’s sein Testlabor in La Défense eröffnete, hat die Kette bereits in aller Heimlichkeit ein Jahr lang eine Salatbar in dem Pariser Vorort Clayes-sous-Bois getestet. Es sei ein großer Erfolg gewesen, berichtet Managerin Kuster: „In dem wir die fertig zusammengestellten Salate durch die Salatbar ersetzt haben, haben wir unsere Salatverkäufe verdreifacht.“ Werden in einem klassischen McDonald’s-Restaurant in Frankreich im Schnitt 50 Salate pro Tag serviert, sind es in Clayes-sous-Bois inzwischen 150. Gleichzeitig geben die Kunden mit rund 15 Euro pro Mahlzeit vier Euro mehr aus als in anderen Filialen. Inzwischen eröffnete der Konzern ein weiteres McCafé mit Salatbar in einem Einkaufszentrum in der Nähe der französischen Hauptstadt. In diesem Jahr könnten 20 weitere folgen.

Mit den Salatbars versucht die amerikanische Kette, ein Stück vom Kuchen des Wachstumsmarktes für gesundes Essen und Bio-Produkten abzubekommen. Um sich ein besseres Image zu geben, hat sie in Frankreich bereits den roten Hintergrund für ihr Logo durch ein dunkles Grün ersetzt. Marketinggeschick hat die McDonald’s bereits Ende der 90er-Jahre in Frankreich bewiesen. Damals galt sie als Inbegriff des schlechten Essens und der Globalisierung. Bauernführer José Bové und Mitglieder einer bretonischen Unabhängigkeitsbewegung überfielen und verwüsteten gleich mehrere Filialen. Der Fast-Food-Riese erlebte eine schwere Krise.

Zutaten kommen aus Frankreich

Dass die Kette dann trotzdem zum größten Restaurantbetreiber des Landes aufstieg, hat sie ihrem damaligen Frankreich-Chef Denis Hennequin zu verdanken. Er stellte die Herkunft der Zutaten in den Vordergrund und mietete einen großen Stand auf der traditionellen Landwirtschaftsmesse in Paris, um zu zeigen, dass das Fleisch der Hamburger von französischen Rindern stammt. „Born in the USA, made in France“, warb er für die Produkte des Konzerns. Das überzeugte die Franzosen – und die Geschäftsführung in Chicago. Sie machte Hennequin, der seit dem 15. Januar den Hotelkonzern Accor leitet, als ersten Nicht-Amerikaner zum Europa-Chef.

Vielleicht habe McDonald’s seinen Erfolg in Frankreich aber auch mit der Tatsache zu verdanken, dass seine Produkte dem Lieblingsgericht der Franzosen, nämlich Steak mit Pommes-Frites, ähneln, meinen Beobachter. Gleichzeitig ist Fast Food im Land der Haute-Cuisine spätestens salonfähig geworden, seitdem selbst mit Sternen gekrönte Köche wie Paul Bocuse, Marc Veyrat und Guy Martin ihre eigenen (Edel-)Imbisse eröffneten. Die Fast-Food-Restaurants konnten ihren Jahresumsatz so in Frankreich innerhalb der letzten fünf Jahre um zehn Milliarden Euro auf 30 Milliarden Euro steigern. Während traditionelle Restaurants litten, legten sie weiter zu.

Grund dafür ist zum einen die gesunkene Kaufkraft der Bevölkerung. Grund ist zum anderen aber auch, dass den Franzosen in der Mittagspause immer weniger Zeit für zum Essen zur Verfügung steht, gerade der arbeitenden Bevölkerung. Waren es vor 25 Jahren noch eine Stunden und 22 Minuten, sind es inzwischen nur noch knapp 30 Minuten. Viele Angestellte kaufen deshalb mittags nur schnell ein Sandwich. Bezahlen können sie selbst bei Ketten wie McDonald’s mit den Restaurant-Gutscheinen, die die meisten Arbeitgeber ihren Angestellten geben.

Inzwischen seien die Schnell-Imbisse sogar innovativer geworden als die traditionellen Restaurants, sagen Experten wie Bernard Boutboul von der Unternehmensberatung Gira Conseil. So hat die Hamburger-Kette Quick im letzten Jahr gleich 22 Restaurants eröffnet, in denen ausschließlich Halal-Produkte angeboten werden. Vor Weihnachten bot sie einen Hamburger mit Gänsestopfleber an, während McDonald’s die Salatbar testet – und demnächst in einer Filiale das Essen wie in einem normalen Restaurant am Platz servieren will.

Quelle: Welt Online