10.000 Flugzeuge hat Airbus seit der Gründung verkauft. Unternehmer Branson ordert 60 Stück. Neue Triebwerke helfen Sprit sparen.
Toulouse. Thomas Enders strahlt fast so wie die Sonne Südfrankreichs, die sich im blendend weißen Rumpf des A380-Riesenjets draußen auf dem Vorfeld spiegelt. Der Chef des Flugzeugbauers hat auch allen Grund dazu: Wieder einmal hat Airbus den Erzrivalen Boeing bei den Neuaufträgen hinter sich gelassen, auch wenn es bis Ende November noch überhaupt nicht danach aussah.
Einen Mann, der zu diesem Coup maßgeblich beitrug, konnte Enders auf der Neujahrspressekonferenz in Toulouse gewissermaßen als Überraschungsgast präsentieren: den britischen Multiunternehmer Sir Richard Branson. Der zu seiner Firmengruppe gehörende US-Billigflieger Virgin America hat noch am 29. Dezember 60 Maschinen der A320neo-Reihe bestellt - und eine davon markiert zudem ein besonderes Jubiläum. Mit diesem Jet hat Airbus die Marke von 10 000 Flugzeugbestellungen erreicht. Erst in der vergangenen Woche hatte Airbus den größten Einzelauftrag in der Geschichte der zivilen Luftfahrt bekannt gegeben. Die indische Fluggesellschaft IndiGo bestellte demnach 180 Kurzstreckenflugzeuge vom Typ A320.
Angesichts so guter Nachrichten konnte sich Enders eine leichte Untertreibung leisten. "2010 war kein schlechtes Jahr für uns", sagte er. Das gilt besonders, wenn man sich an die Ausgangslage vor zwölf Monaten erinnert. "Damals konnten wir uns noch nicht sicher sein, ob die Krise vorüber ist", so der Airbus-Chef.
Doch nun ist die Zuversicht zurückgekehrt, was sich auch in den Personalplänen ausdrückt. In diesem Jahr will Airbus 3000 Menschen einstellen. Damit würden rund 1500 neue Jobs geschaffen und 1500 bestehende Stellen neu besetzt. Noch sei nicht klar, wie sich die zusätzlichen Arbeitsplätze auf die einzelnen Länder mit ihren verschiedenen Standorten aufteilen, hieß es. In Deutschland dürften aber einige Hundert neue Arbeitsplätze entstehen. Die Basis dafür liefert die gute Auftragslage. Im vorigen Jahr bestellten die Kunden 574 Airbus-Flugzeuge, wobei die Stornierungen schon berücksichtigt sind. Der Konkurrent auf der anderen Seite des Atlantiks kam auf 530 Nettoorders.
Bei Airbus nahm der Auftragsbestand auf 3552 Maschinen zu, was der Produktion von sechs Jahren entspricht. Auch bei den Auslieferungen hatten die Europäer die Nase abermals vorn. Sie erreichten die neue Rekordmarke von 510 Jets, Boeing übergab 462 Flugzeuge an die Kunden. Mit Blick auf die Auslieferungen im neuen Jahr bot Enders seinem Kollegen beim US-Wettbewerber eine Wette an: dass die führende Position, die Airbus seit 2003 innehat, auch 2011 nicht verloren geht. 520 bis 530 Flieger sollen in diesem Jahr an die Kunden gehen. Zwar wollte sich Enders nicht darauf festlegen, wie viele Neubestellungen hereingenommen werden können. Ihre Zahl werde aber voraussichtlich größer sein als die der Auslieferungen.
Ungeachtet aller Erfolgsmeldungen räumte der Airbus-Chef jedoch auch Defizite ein: "Die Profitabilität ist nicht da, wo sie sein sollte." Außer den hohen Entwicklungsaufwendungen für den neuen Langstreckenjet A350 drückten auch die immensen Mehrkosten für den Militärtransporter A400M auf die Stimmung. Doch bei Europas größtem Rüstungsprojekt sieht Enders nach jahrelangem Streit um die Finanzierung nun Licht am Ende des Tunnels. Medienberichte über mögliche deutsche Bedenken gegen die weitere Finanzierung der Maschine im Haushaltsausschuss sieht er gelassen. "Ich habe allen Grund zu glauben, dass die Probleme in naher Zukunft gelöst werden können." Der A400M habe inzwischen mit vier Testflugzeugen über 1000 Flugstunden absolviert, hieß es gestern von Airbus. Der Serienanlauf stehe unmittelbar bevor. Deutschland und andere sechs Nato-Partner hatten sich jüngst auf einen Kompromiss zur Finanzierung des Fliegers geeinigt.
Noch machen sich aber auch Fertigungsprobleme beim Flaggschiff A380 bemerkbar - die Produktion läuft noch immer nicht so glatt wie ursprünglich vorgesehen. Nachdem im vergangenen Jahr nur 18 dieser Megajets ausgeliefert wurden, peilt Enders für 2011 eine Stückzahl zwischen 22 und 25 an. Im kommenden Jahr will man eine Rate von drei A380 im Monat erreichen. Aktuell jedoch wird der Produktionsplan durch die Schwierigkeiten mit den Rolls-Royce-Triebwerken durcheinandergewirbelt, nachdem ein A380-Jet der australischen Fluglinie Qantas Anfang November notlanden musste. "Ich glaube nicht, dass dieser Vorfall bleibenden Schaden für uns angerichtet hat", sagte Enders gestern.
Marketingvorstand John Leahy, der im Laufe seines Berufslebens bei Airbus inzwischen mehr als 8000 Flugzeuge verkauft hat, sieht jedoch andere dunkle Wolken am Horizont aufziehen. Nach seiner Einschätzung könnte der Ölpreis von derzeit rund 90 Dollar je Barrel (159 Liter) bis zum Jahr 2016 auf 120 Dollar klettern, was die Fluggesellschaften auf der Kostenseite massiv belasten würde. Leahy, ganz Verkaufstalent, wendet aber selbst diese Prognose noch ins Positive: "Wir haben eine Antwort darauf." Er meint den A320neo, der mit neuartigen Triebwerken etwa 15 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen soll - und 2016 auf den Markt kommen soll.