Die ARD will die Nähe zur Politik des umstrittenen Finanzberaters Carsten Maschmeyer aufarbeiten. Doch seine Anwälte sind äußerst aktiv.

Als NDR-Reporter Christoph Lütgert erneut vergeblich um ein Interview mit dem Gründer des Finanzdienstleisters AWD, Carsten Maschmeyer, bittet, ist dieser gerade Gast einer Gala für die Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“.

Am Ende wird er 1,4 Millionen Euro aus seinem Privatvermögen spenden. „Spendabel“ nennt die Dokumentation „ARD-exclusiv: Der Drückerkönig und die Politik. Die schillernde Karriere des Carsten Maschmeyer“ den Unternehmer, um ihm und dem AWD im gleichen Atemzug Falschberatung und den finanziellen Ruin von Kleinanlegern vorzuwerfen.

Lütgert und sein Team haben sich auf die Suche nach strahlenden Gewinnern und hilflosen Verlierern der „Maschi-Clique“ begeben und sich dabei stets die Frage gestellt, ob der 51-Jährige nun „Schurke oder Edelmann“ ist. Die ARD will das 30-minütige Stück am Mittwoch (12. Januar, 21.45 Uhr) ausstrahlen, auch wenn sich Maschmeyer per Anwalt dagegen wehrt.

Ziel des Films sei nicht die harte News gewesen, sondern eine pointierte Zusammenschau, sagt Stephan Wels, Leiter der zuständigen „Panorama“-Abteilung, in Hamburg. Mit jenem Konzept hatte das Team um Lütgert schon 2010 in der „kik-Story“ für Aufsehen gesorgt. Die Maschmeyer-Doku basiert auf einem Beitrag aus dem Format „Panorama – die Reporter“, den das NDR-Fernsehen am 8. September 2010 zeigte.

Wels zufolge hat die Redaktion daraufhin weiter recherchiert. Daraus ist der neue Film entstanden, an dessen Endfassung noch bis zur Ausstrahlung mit heißer Nadel gestrickt wird. Denn seit der Veröffentlichung des Beitrags im September sieht sich der Sender mit einer Flut von juristischen Auseinandersetzungen mit Maschmeyer konfrontiert. Es sei kein Tag vergangen, an dem der Sender nicht irgendeine Abmahnung erhalten habe, sagt Wels.

Dabei sind laut NDR-Justiziar Klaus Siekmann die wesentlichen Aussagen aus dem Film im September weder von Maschmeyer noch vom AWD inhaltlichen angegriffen worden. Angegriffen wurde stattdessen, dass der eine oder andere nicht gezeigt werden möchte oder dass Maschmeyers Auto schwarz und nicht weiß sei, beschreibt Siekmann beispielhaft „die Qualität der Rechtsstreitigkeiten“.

Wels' persönlicher Eindruck ist, dass es ein strategischen Interesse gibt, „so viel Bildmaterial vom Markt zu klagen, dass eine Berichterstattung dadurch erschwert bis unmöglich gemacht wird“.

Höhepunkt der Streitereien ist nun ein 61-seitiges, sogenanntes Hinweisschreiben von Maschmeyers Anwalt Mathias Prinz an die Intendanten der ARD-Anstalten, um die Ausstrahlung von „Der Drückerkönig und die Politik“ zu verhindern. „Wir prüfen alle Dinge, die dort angeführt werden, sehr genau“, sagt Wels. Bis zum heutigen Tag habe der Sender nicht entdecken können, was einer Ausstrahlung entgegenstehe.

Mit dem „Flächenschreiben“ sei eine neue Qualität erreicht, betont Siekmann. Denn der Vorgang, auf eine Interviewanfrage die einzelnen ARD-Anstalten anzuschreiben, sei neu.

Der Film stellt die Geschäftspraktiken von Maschmeyer und seine Nähe zu Politikern äußerst kritisch dar. So skizziert das Stück etwa seine Kontakte zu Verantwortlichen aus der Zeit von Rot-Grün unter Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), nennt Verbindungen zu den Renten-Experten Walter Riester und Bert Rürup sowie der heutigen Familienministerin Kristina Schröder (CDU).

Auch geriet Bundespräsident Christian Wulff im Sommer 2010 in die Schlagzeilen, weil er auf dem Anwesen von Maschmeyer auf Mallorca seinen Urlaub verbrachte. Über seinen Anwalt lässt Maschmeyer in der Doku anmerken, dass er mit seinen Kontakten keine wirtschaftlichen Interessen verfolge, sondern diese rein privater Natur seien.

Zum Schluss des Films gelingt es Lütgert dann doch noch, bis zu Maschmeyer vorzudringen. Doch der Lebensgefährte von Schauspielerin Veronica Ferres ignoriert den Reporter, lässt ihn fast kommentarlos stehen. Maschmeyer hat dem Reporter bisher ein Interview verwehrt.

Quelle: Welt Online