Auf deutschen Äckern bahnt sich ein Konkurrenzkampf an: Mais contra Zuckerrübe. Die Landwirtschaft hat entdeckt, dass die Knolle nicht nur süß ist, sondern auch jede Menge Energie hat. Das ist ideal für Biogasanlagen.

Heinsberg. Er hat jede Menge Energie, wächst superschnell und erzielt gute Preise. Es gibt schon gute Gründe, warum der Mais in Deutschland die Nummer eins unter den Energiepflanzen ist. Auf deutschen Äckern ist Mais der bedeutendste nachwachsende Rohstoff. Mit der Zuckerrübe bekommt er jetzt einen ernstzunehmenden Konkurrenten. Als Energielieferant für Biogasanlagen steht das kleine Energiebündel noch am Anfang.

Trotzdem ist es ein Top-Thema in der Landwirtschaft, vor allem jetzt in der laufenden Rüben-Ernte. Natürlich glauben vor allem die Rübenbauern an die Rübe. Einer davon ist Bernhard Conzen, Vorsitzender des Rübenbauer Verbands im Rheinland, einer der großen deutschen Anbauregionen. Für Conzen bekommt die Rübe so etwas wie eine neue Chance. Die Zuckermarktreform 2005 hatte den Rübenbauern mit verringerten Quoten und Preisen einen ordentlichen Dämpfer verpasst. „Vier bis fünf Prozent der Betriebe im Rheinland haben den Rübenbau eingestellt“, sagt Conzen.

Sicher war auch eine Portion Frust dabei, nach den ständigen Einkommensverlusten der letzten Jahrzehnte. „Wir suchten nach Alternativen für ein gesichertes Einkommen“, erzählt er. Mit zwölf Kollegen und zwei weiteren Investoren baute er für drei Millionen Euro eine Biogasanlage. Nach dem Mais als Biomasse kam die Rübe dazu, aus Mengen, die die Quote übersteigen.

Als Biomasse sind die Rüben auch wieder viel wert: „Der Wert der Rübe liegt weit über dem, was Zuckerfabriken für das Lebensmittel Zucker zahlt“, sagt Conzen. Das Verarbeitungs-Verfahren steckt noch in den Kinderschuhen. Ein Problem: Der Dreck und die Steinchen an den Rüben, die sich in der Anlage absetzen. Die Wissenschaft forscht, der Landwirt probiert. „Es gibt Pioniere, die forschend herangehen und versuchen, das in der Praxis zu lösen. Das hat mit Wissenschaft nichts zu tun“, urteilt Ulrich Hausmanns von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG).

Zu dieser Spezies gehört Norbert Gröblinghofff aus Soest, Erfinder der in der deutschen Rübenszene bekannten „Lagune“. Die ganze Rübe kann nach der Ernte höchstens bis zum Frühjahr gelagert werden. Für seine Biogasanlage braucht Gröblinghoff aber das ganze Jahr über Rüben. Er probierte ein neues Lagerverfahren aus. Die Rüben werden in ein Erdbecken geschreddert. „Das sieht dann aus wie Apfelkompott“, beschreibt Gröblinghoff. Die Masse kann so über Monate gelagert werden.

„Die Energiedichte in Mais ist zwar etwas besser, aber pro Hektar gesehen sind die Erträge bei der Rübe deutlich besser“, sagt Gröblinghoff. Für ihn ist die gedrungene Frucht im Sinne der Artenvielfalt auch umweltfreundlicher. Bodenbrüter kommen mit der schnell wachsenden Pflanze nicht zurecht. „Durch die Bekämpfung der Unkräuter verlieren die Nester ihre Deckung.“ Rübe oder Mais – auch eine Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz. „In Norddeutschland leistet die Bevölkerung Widerstand, weil ganze Maisschluchten entstehen“, sagt der DLG-Mann Hausmanns. Im Süden ist der Maiszünsler ein Problem, ein eingeschleppter Schädling, der schwierig zu bekämpfen ist.

Die Rübe als Biomasse für Biogas sei ein vergleichsweise junger Trend, sagt Hausmanns. Der Methanertrag sei bei der Rübe größer, aber in der Produktion und im Handling sei die Rübe teurer. Der Sieger? Hausmanns gibt sich diplomatisch: „Als Alternative zum Mais wird die Rübe im Biogas eine Zukunft haben.“