Die Handelskette Douglas verkauft vor allem Parfüm und Mode. Das läuft blendend. Daher die Firma 50 weitere Filialen eröffnen.

Douglas-Chef Henning Kreke sprach mit der „Welt am Sonntag“ über Nagellack, Männerkosmetik, E-Books und Benimmschwächen von Schulabgängern.

Welt am Sonntag: Herr Kreke, Ihnen steht jetzt die spannendste und umsatzstärkste Zeit des Jahres ins Haus. Erhoffen Sie sich viel vom Weihnachtsgeschäft?

Henning Kreke: Ja. Und ich denke, dass dieses Weihnachtsgeschäft für den gesamten Einzelhandel deutlich besser laufen wird. Das Weihnachtsgeschäft im Krisenjahr 2009 war zwar nicht wirklich schlecht, aber eben auch nicht besonders gut.

Welt am Sonntag: Angesichts der guten Konjunkturzahlen der vergangenen Monate müssten Sie im November und Dezember doch das beste Geschäft aller Zeiten erwarten.

Kreke: Moment, Moment. Wir haben zwar gute Konjunkturdaten und erfreulich niedrige Arbeitslosenzahlen in Deutschland. Das hilft dem Konsum sicherlich. Aber wir werden im Handel keine spektakulären Zuwachsraten sehen wie in anderen Branchen, etwa dem Maschinenbau.

Welt am Sonntag: Warum nicht?

Kreke: Weil der Konsum in Deutschland während der Krise keinen so dramatischen Einbruch erlitten hat wie in vielen anderen Ländern, in denen viel mehr auf Kredit konsumiert wird als bei uns, wie zum Beispiel in den USA. Und als es plötzlich Schwierigkeiten mit den Konsumentenkrediten gab, wurde deutlich weniger eingekauft, weil die Leute sparen mussten. Der deutsche Verbraucher dagegen war schon vor der Krise etwas zurückhaltender und brauchte sich deshalb während der Krise weniger stark einzuschränken. Das wird aber zur Folge haben, dass der Konsum in Deutschland jetzt auch nicht so rasant steigen wird. Die deutschen Konsumenten werden daher auch im diesjährigen Weihnachtsgeschäft wohl eher nicht Hals über Kopf in die Innenstädte stürmen und ihr Geld mit vollen Händen wahllos ausgeben, sondern dies weiter sehr bewusst tun. Aber besser als das letzte Weihnachtsgeschäft sollte das diesjährige Weihnachtsgeschäft auch in Deutschland schon werden.

Welt am Sonntag: Was wird denn der Renner neben den üblichen Geschenken wie Kleidung, Kosmetik, CDs oder DVDs und Computerspiele? Steht das elektronische Buch auch in Deutschland vor dem Durchbruch?

Kreke: Ich glaube, wir stehen kurz davor. Auf der gerade beendeten Frankfurter Buchmesse konnte man sehen, dass das Angebot an E-Readern und deutschsprachigen E-Books deutlich gewachsen ist und viele Verlage diesem neuen Produkt immer positiver gegenüberstehen. Richtig umgesetzt, kann das E-Book eine große Chance für die Buchbranche sein. Diesen Trend dürfen wir daher nicht verschlafen. Ich rechne fest damit, dass im nächsten Weihnachtsgeschäft so viele E-Books verkauft werden wie noch nie. Übrigens kommt Thalia mit einem eigenen Lesegerät – dem OYO – für 139 Euro auf den Markt.

Welt am Sonntag: Haben Sie selbst auch schon E-Books gelesen?

Kreke: Ja, ich habe das schon ausprobiert. Gerade auf Reisen ist das sehr praktisch, dann muss man nicht mehrere dicke Wälzer mit sich herumschleppen. Aber das haptische Erlebnis eines gedruckten Buches ist mir persönlich weiterhin lieber.

Welt am Sonntag: Schauen wir mal über Weihnachten hinaus: Für das kommende Jahr erwartet der Einzelhandelsverband HDE ein Branchenwachstum von zwei Prozent. Das klingt auch nicht gerade euphorisch.

Kreke: Für unsere Branche ist das schon gut. Zwei Prozent Umsatzwachstum hat der deutsche Handel schon seit Jahren nicht mehr erwirtschaftet.

Welt am Sonntag: Lässt sich dieses Ziel erreichen?

Kreke: Ich bin recht optimistisch für das kommende Jahr. Der allgemeine Konjunkturaufschwung dürfte dazu beitragen, dass auch der Handel endlich wieder Rückenwind bekommt. Ich denke schon, dass der Einzelhandelsumsatz im Jahr 2011 um zwei Prozent steigen kann.

Welt am Sonntag: Wird die Douglas-Gruppe besser abschneiden als die Branche?

Kreke: Auch da bin ich recht optimistisch, aber Prognosen geben wir noch nicht ab. Unser Geschäftsjahr hat ja gerade erst begonnen.

Welt am Sonntag: Sie haben in der Krise fast 50 Läden geschlossen. Ist dieses Programm beendet, oder kommt noch was?

Kreke: Aus heutiger Sicht stehen keine weiteren Schließungen an. Im Gegenteil: In Deutschland, wo die Douglas-Gruppe ohnehin nur wenige Geschäftsaufgaben hatte, eröffnen wir schon wieder fleißig neue Geschäfte und sind aktiv auf der Suche nach zusätzlichen neuen Standorten. Und auch im Ausland wollen wir wieder wachsen. Dort hängt es von der landesspezifischen Konjunkturentwicklung und dem Angebot auf dem Immobilienmarkt ab, wie viele Neueröffnungen möglich sind. Ich halte es aber für nicht unrealistisch, dass wir im laufenden Geschäftsjahr europaweit etwa 40 bis 50 neue Douglas-Parfümerien eröffnen werden. Das wäre dann schon wieder ein Filialwachstum wie vor der Krise.

Welt am Sonntag: Was läuft denn in den Parfümerien besonders gut?

Kreke: Besonders begehrt ist zurzeit die dekorative Kosmetik. Besonders dann, wenn die Kundin die Anwendung durch freundliche und kompetente Make-up-Profis demonstriert bekommt. In unserer Berliner Filiale auf der Tauentzienstraße haben wir beispielsweise gerade das gesamte Erdgeschoss nur für die dekorative Kosmetik umgebaut und bieten jetzt auf 400 Quadratmetern Make-up, Lippenstifte, Lidschatten oder Rouge – sozusagen die ganze Welt der Farben. Das zweite Riesenthema sind attraktive Fingernägel: Maniküre, Nageldesign und aktuelle Nagellackfarben sind im Angebot derzeit nicht wegzudenken. Da steckt noch einiges an Potenzial drin.

Welt am Sonntag: Und was ist mit Männerkosmetik?

Kreke: Das ist eine Produktgruppe, die seit Jahren zwar nicht spektakulär, aber stetig wächst. Immer mehr Männer bekommen Interesse an Produkten, die sie gepflegter und vielleicht auch jünger aussehen lassen. Der Mann wird insgesamt schon etwas eitler. Den Großteil der Männerkosmetik kaufen allerdings weiterhin die Frauen.

Welt am Sonntag: Weil sich die Männer immer noch nicht trauen?

Kreke: Vielleicht auch. Ich glaube aber, dass sich viele Männer einfach gerne auf die größere Erfahrung der Frauen rund um das Thema Pflege verlassen.

Welt am Sonntag: Die Douglas-Gruppe setzt jeden dritten Euro im Ausland um. Dort litt das Geschäft besonders.

Kreke: Ja, auch wir sind nicht ganz ohne Kratzer davongekommen. Aber wir sind froh darüber, dass wir in den Boomjahren vor der Krise insgesamt nicht zu aggressiv im Ausland expandiert haben. Damals wurden wir – von Analysten und Journalisten – regelmäßig mit der Kritik konfrontiert, dass wir angeblich zu wenige neue Geschäfte vor allem in Osteuropa eröffnen würden. Denn dort konnte man lange Zeit schneller wachsen als in Deutschland. Allerdings waren aus unserer Sicht die Mieten zum Teil überzogen hoch. Und deswegen haben wir da nicht mitgemacht. Jetzt hat sich diese Strategie in gewisser Weise ausgezahlt, weil für uns der Einbruch in den krisengeschüttelten Ländern nicht so dramatisch war. Aber auch wir haben Anmietungsfehler gemacht und dafür reichlich Lehrgeld bezahlt.

Welt am Sonntag: Erholt sich das Auslandsgeschäft inzwischen?

Kreke: Es erholt sich in einigen Ländern, in anderen aber noch nicht so richtig. Konjunkturell sieht es im Baltikum noch nicht so rosig aus, in Ungarn und Kroatien ebenfalls. Da weht weiterhin ein kühler Wind. Russland erholt sich bereits wieder, und Polen ist ein stabiler Markt. Das Mietniveau ist aber auch während der Krise in einigen dieser Märkte nicht in dem Maße gesunken, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Aber wie bereits gesagt, sind wir auch im Ausland bereits seit einiger Zeit wieder auf der Suche nach neuen attraktiven und rentablen Standorten.

Welt am Sonntag: Immer wieder ist von den Schwächen deutscher Schulabgänger zu hören. Haben Sie Schwierigkeiten, geeignete Auszubildende zu finden?

Kreke: Wir hatten in diesem Jahr sehr großes Glück. Mit 670 hoch motivierten Schulabgängern haben bei uns so viele junge Menschen eine Ausbildung begonnen wie nie zuvor. Sie alle haben unsere Einstellungskriterien bestens erfüllt und bekommen nun eine erstklassige Ausbildung im Handel. Gerade vor dem Hintergrund der Probleme, die Sie angesprochen haben, sind wir sehr stolz auf dieses Ergebnis.

Welt am Sonntag: Wird das Niveau der Schulabgänger denn besser oder schlechter?

Kreke: Das ist schwer zu sagen. Es gibt aber immer noch sehr viele Bewerber, die ein erschreckend niedriges Niveau mitbringen. Vor allem beim Schreiben und Rechnen – aber auch im Benehmen – gibt es leider oft große Probleme. Deswegen stellen wir in der Regel nur Bewerber ein, die bei uns vorab ein Schnupperpraktikum gemacht haben – und liegen damit meistens richtig.

Quelle: Welt Online