Microsoft will mit seinem neuen Windows Phone 7 nicht weniger als das Smarptphone neu erfinden. Am Montag fiel der Startschuss.
Hamburg. Am Montag fiel der öffentliche Startschuss für das neue Betriebssystem – zeitgleich in Hamburg, Paris, London und New York. Microsoft-Chef Steve Ballmer zeigte sich zuverzichtlich, dass Microsoft mit dem neuen System seinen Niedergang im Mobilfunkmarkt stoppen kann – auch wenn etliche Experten das anders sehen.
Wie stark Europa für den Mobilfunkmarkt ist, hat Microsoft inzwischen erkannt. Die ersten Geräte werden noch vor den USA in Deutschland, Frankreich und Großbritannien erscheinen. „Das ist schon etwas Besonderes“, sagte der ehemalige Chef von Microsoft Deutschland, Achim Berg, der inzwischen international für das Mobil- Geschäft bei Microsoft verantwortlich ist.
In den vergangenen Jahren war Microsoft nach und nach immer weiter im boomenden Markt ins Hintertreffen geraten. Den Takt für Innovationen hatten eindeutig Apple mit dem iPhone und Google mit Android vorgegeben. Microsoft verlor mit Windows Mobile kontinuierlich an Boden. Vor zwei Jahren zog Steve Ballmer dann die Reißleine und steckte die Ressourcen in die Entwicklung eines komplett neuen Betriebssystems – ein radikaler Neustart für ein Mobilfunksystem.
Im Februar ging Ballmer mit dem neuen Design an die Öffentlichkeit und sorgte auf dem Mobile World Congress in Barcelona selbst unter Microsoft-Kritikern mit einer ausführlichen Präsentation des neuen Betriebssystems für Aufsehen. Nichts von dem neuen System erinnerte mehr an das alte klobige Windows Mobile, das sich bis zum Schluss an der Oberfläche eines PCs orientierte und mit dem Stift bedient werden musste. „Das war eine Initialzündung in Barcelona“, sagte Berg. „Und das nicht nur in Deutschland.“
Bei den Hardware-Herstellern und Provider war das Interesse geweckt. „Mit Windows Phone 7 stoßen wir nun zusammen das Fenster in eine neue, anwenderfreundliche Welt auf“, sagte Niek Jan van Damme, Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom. In Europa sollen insgesamt fünf Geräte von HTC, LG und Samsung in fünf Sprachen verfügbar sein. In Deutschland werden alle Provider, Deutsche Telekom, Vodafone, O2 und E-Plus ihre Flaggschiffe zum Start am 21. Oktober anbieten.
Mit Windows Phone 7 habe Microsoft eine ganz andere Art des Telefons entwickeln wollen, sagte Berg. „Und dafür haben wir uns entschieden, bei der Maschine den Motor auszutauschen.“ Mit Windows Phone 7 will Microsoft nun auch besser und innovativer als Konkurrenten wie Apple und Google sein. Vermutlich wird aber Microsoft vor allem am Marktanteil von Nokia („Symbian“) und RIM („Blackberry“) knabbern, die selbst mit Problemen kämpfen.
Mit dem Design von Windows Phone 7 setzt sich Microsoft deutlich von der Oberfläche beim iPhone ab. Statt bunter Programm-Icons gibt es „Hubs“ genannte Umgebungen, in denen Themen wie Kontakte oder Musik zusammengefasst werden. In einem Punkt orientiert sich allerdings Microsoft am Vorbild iPhone: Erstmals hat das Unternehmen technische Mindeststandards festgelegt, um schnelle Reaktionszeit und einfache Bedienbarkeit bei allen Geräten zu gewährleisten. Außerdem kann die Oberfläche von den Handyherstellern und Mobilfunkprovidern kaum noch modifiziert werden.
Ob es Microsoft mit dem neuen Betriebssystem gelingt, wieder aus dem Keller der großen Betriebssysteme aufzusteigen, bleibt nun abzuwarten. Analysten von Gartner hatten noch vor Start von Windows Phone 7 Microsoft einen pessimistischen Ausblick gegeben und weiter fallende Marktanteile prognostiziert. Marktforscher von IDC kämen allerdings auf Prognosen, die dem komplett diametral entgegenstünden, sagte Microsoft-Deutschland-Chef Ralph Haupter. Der Markt für Smartphones ist noch sehr jung, und ihm wird großes Wachstumspotenzial zugesprochen. In erster Linie gehe es jetzt darum, die Nutzer zu überzeugen, erst dann würde er an Marktanteile denken, sagte Berg.