Wer bei Eis und Schnee ohne Winterreifen unterwegs ist, darf nicht mehr bestraft werden, entschieden die Richter in Oldenburg.

Autofahrer, die trotz Schnee und Eis ohne Winterreifen unterwegs sind, können nicht mehr bestraft werden. Die „Lübecker Nachrichten“ berichteten, der Bund müsse nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg den Bußgeldparagrafen für fehlende Winterreifen aus der Straßenverkehrsordnung streichen. Derzeit müssen Autofahrer dem Blatt zufolge eine Geldstrafe zahlen, wenn sie mit Sommerreifen im Winter von der Polizei gestoppt werden. Außerdem bekommen sie einen Punkt in Flensburg.

Die entsprechende Passage in der Straßenverkehrsordnung lautet: „Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbesondere eine geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage.“ Die Zeitung schrieb, nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg verstoße dieser Paragraf gegen das Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes. Die Passage beschreibe nicht genau genug, unter welchen konkreten Wetterbedingungen welche Reifen zu montieren sind (AZ 2SsRs 220/09). Daher können Autofahrer nicht allein dafür bestraft werden, dass sie im Winter mit Sommerreifen fahren. Das Urteil fiel bereits im Juli.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) muss jetzt die Bußgeldverordnung kassieren, um eine Klagewelle von Autofahrern zu verhindern. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtssprechung ist dies nachvollziehbar, könnte jedoch als falsches Signal von Autofahrern aufgefasst werden“, sagt Kiels Verkehrsminister Jost de Jager (CDU) der Zeitung. Auch Jan-Hendrik Wulff von der Polizeidirektion Lübeck fürchtet, dass der Richterspruch als Freifahrtschein interpretiert werden könnte. „Es gibt bei Eis und Schnee keine Alternative zu Winterreifen“, mahnt Wulff.

Dem Blatt zufolge steht das Winterreifen-Problem ganz oben auf der Tagesordnung bei der Konferenz der Länderverkehrsminister kommende Woche.

Erst vor wenigen Tagen haben ADAC und Stiftung Warentest vWinterreifen getestet. Von 28 Modellen hat zwar in der Gesamtwertung kein einziger Reifen die Bestnote "sehr gut" erreicht, in jeder der beiden untersuchten Größen gibt es jedoch drei mit "gut" bewertete Reifen, die den Autofahrer sicher durch den Winter bringen können.

In der kleinen Dimension (185/65 R15 88T) sind das der Dunlop SP Winter Sport 3D MO mit der Bestnote (2,1) auf Nässe, der Goodyear UltraGrip 7+, der auf Eis recht guten Halt entwickelt, und der Esa-Tecar Super Grip 7. Bei den größeren Reifen (225/45 R 17 91&94 H) liegen der Michelin Alpin A4, der trotz sensationell geringem Verschleiß auch noch mit der Bestnote auf Nässe aufwarten kann, der schneestarke Continental WinterContact TS830P sowie der sehr ausgewogene Dunlop SP Winter Sport 3D vorne.

Die drei mit "mangelhaft" bewerteten Reifen kommen allesamt aus dem Reich der Mitte und zeigen meist gleich in mehreren Teildisziplinen katastrophale Leistungen. Dazu ein Beispiel: Bei einer Vollbremsung aus 100 km/h auf nassem Asphalt kamen der Star Performer Winter und der Westlake SW601 Snowmaster 18 beziehungsweise 22 Meter später zum Stehen als der jeweils beste Vergleichsreifen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Autos mit den Chinapneus noch mit 46,5 beziehungsweise 52,2 km/h unterwegs. Solch gravierende Unterschiede können in der Praxis darüber entscheiden, ob es zu einem Unfall kommt oder nicht.

Die beiden in der 185er-Größe getesteten Ganzjahresreifen empfehlen sich je nach Einsatzbedingungen durchaus als Alternativen zum reinen Winterreifen. Insbesondere der Goodyear Vector 4Seasons schwimmt bei hervorragenden Verschleißwerten im Mittelfeld der Spezialisten mit.

Quelle: Welt Online