Der private Konsum stieg erstmals seit einem Jahr wieder. Das Staatsdefizit liegt im ersten Halbjahr aber oberhalb der Marke von drei Prozent.

Berlin. Boomende Exporte und anziehende Investitionen haben der deutschen Wirtschaft in diesem Frühjahr zum Wachstumssprung verholfen. Das Bruttoinlandsprodukt stieg zwischen April und Juni um 2,2 Prozent zum Vorquartal, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit und bestätigte damit eine frühere Schätzung. Es ist das stärkste Wachstum seit der Einführung der gesamtdeutschen Statistik 1991.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat sich hoch erfreut über das Wirtschaftswachstum in Deutschland geäußert. „Die Erholung der deutschen Wirtschaft hat deutlich an Breite gewonnen“, erklärte er am Dienstag in Berlin. Die Arbeitnehmer-Entgelte stiegen im zweiten Quartal um 2,5 Prozent, die Einkommen aus Vermögen und Unternehmen sprangen sogar um 21,9 Prozent nach oben, wie das Statistische Bundesamt berichtete.

Die Exporte legten um 8,2 Prozent zu. Neben dem Schub durch die weltweite Nachfrage nach Produkten „Made in Germany“ kamen Impulse auch aus dem Inland. Erstmals seit einem Jahr schoben die Deutschen mit ihren Konsumausgaben das Wirtschaftswachstum an: Sie gaben 0,6 Prozent mehr aus als zum Jahresauftakt. Auch der Staatskonsum stieg, und zwar um 0,4 Prozent.

Nach dem harten Winter holte das Baugewerbe viele Produktionsausfälle auf und präsentierte sich als Wachstumstreiber: Die Bauinvestitionen stiegen um 5,2 Prozent. Zudem investierten die Unternehmen 4,4 Prozent mehr Geld in Maschinen, Fahrzeuge und andere Ausrüstungen. Dennoch seien die Investitionen immer noch auf einem relativ niedrigen Niveau, betonten die Statistiker.

Der Außenhandel sorgte mit 0,8 Prozentpunkten für rund ein Drittel des gesamten Wirtschaftswachstums. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2009 stieg das Bruttoinlandsprodukt um 4,1 Prozent.

Für das gesamte Jahr rechnen die meisten Experten mit einem Anziehen der Konjunktur um drei Prozent oder mehr. Ab der zweiten Jahreshälfte allerdings sagen Fachleute wegen einer langsameren globalen Nachfrage eine Abkühlung voraus. Als Gründe gelten vor allem die weltweit auslaufenden Konjunkturpakete.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW beispielsweise hat seine Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum 2010 deutlich auf über drei Prozent angehoben. Bislang hatte das Institut den Angaben zufolge 1,9 Prozent vorhergesagt.

Es sei ein typisch deutscher Aufschwung, der durch die internationalen Märkte – diesmal insbesondere aus China - initiiert worden sei, sagte DIW-Präsident Klaus Zimmermann „Handelsblatt“ Online vom Dienstag.

Die deutsche Staatsverschuldung lag im ersten Halbjahr 2010 bei 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen verzeichneten eine Defizit von 42,8 Milliarden Euro und damit doppelt so viel wie vor Jahresfrist. Erlaubt sind im europäischen Maastricht-Vertrag nur drei Prozent. Für das Gesamtjahr 2010 rechnet die Bundesregierung trotz einer unerwartet kräftigen wirtschaftlichen Belebung in diesem Jahr mit einem Nachkriegsrekord von 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Allerdings lagen die Schätzungen zu Anfang des Jahres noch rund einen Prozentpunkt höher.