Die lückenlose Überwachung von Menschen ist schon per Handy möglich. Der Dienst wird von Eltern, Partnern und Chefs genutzt.

Berlin. Immer mehr Bundesbürger machen sich Sorgen um die datenschutzrechtlichen Folgen von Google Street View . Dabei sind sie als Handy-Nutzer rein theoretisch bereits gläsern. Denn was früher nur die Polizei durfte, kann heutzutage praktisch jeder: Menschen über ihr Mobilfunktelefon orten.

Zehntausende Eltern spürten so beispielsweise ihre Sprösslinge auf, sagt Marc Thylmann vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). Andere ließen untreue Partner überwachen, die Angestellten kontrollieren oder SMS-Nachrichten abfischen, oft heimlich.

Aus Sicht von Martin Müller, Chefredakteur des Online-Telekommunikationsportals „Teltarif“, sind die Missbrauchsmöglichkeiten der Echtzeitüberwachung per Handy-Ortung jedoch „schlimmer“ als die von Google abfotografierte Sammlung von Häusern, Straßen und Passanten. Was viele Bürger nicht wissen: Von jedem, der sein Handy angeschaltet hat, kann rein theoretisch ein Bewegungsprofil bis tief in die Privatsphäre hinein erstellt werden. Fast jeder Schritt ist nachvollziehbar. Daher raten Verbraucherschützer, die Technik nicht blauäugig zu nutzen. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, dringt darauf, heimliche Ortungsmöglichkeiten per Gesetz zu unterbinden.

Die Technik funktioniert recht einfach. Anpeilbar ist jeder, der ein angeschaltetes Handy bei sich trägt – ganz gleich, ob Vertrags- oder Prepaid-Telefon. Bei der Ortung gibt es laut Bitkom-Experte Manfred Breul zwei Verfahren: Das eine basiert auf dem ständigen Kontakt des Gesuchten zu den Funkmasten. Mit Hilfe der nächstgelegenen Mobilfunkstation lässt sich der Standort des Handy-Nutzers in Städten bis auf 100 Meter Entfernung bestimmen, auf dem Land ist die Treffsicherheit weniger gut. Die andere Variante ist noch exakter. Sie läuft via GPS, also Satellitenverbindung. Diese Navigationsmöglichkeiten stecken vor allem in der neuen internetfähigen Handy-Generation.

Wer also sein Kind, die Ehefrau oder einen Außendienstmitarbeiter lokalisieren will, schafft das über die Service-Angebote im Internet, und zwar innerhalb von Minuten. Der Suchlauf wird gestartet, sobald sich der Nutzer auf der Seite des Anbieters eingeloggt hat. Der Service kostet bei manchen Diensten bis zu einem Euro. Andere verlangen einen Pauschalbetrag, der bereits eine bestimmte Anzahl Ortungen enthält.

Um Missbrauch zu unterbinden, gibt es eigentlich klare Vorgaben. Paragraph 98 des Telekommunikationsgesetzes verlangt eine schriftliche Einwilligung des Angepeilten. Dazu sendet dieser in der Regel sein Okay per SMS von seinem Mobiltelefon aus. Das schließe Missbrauch aber noch nicht aus, geben Verbraucher- und Datenschützer zu bedenken. Oft werde das Okay nur ein einziges Mal verlangt, nicht vor jeder Ortung. Die Einwilligung könne jeder abschicken, der an das Handy rankomme, beispielsweise auch der eifersüchtige Ehemann.

Kinder haben – wie Erwachsene auch – einen Anspruch auf Datenschutz, betont Evelin Voß, Telekommunikationsexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen. Eltern sollten ihren Nachwuchs nur nach Rücksprache mit ihnen anpeilen. Und auf keinen Fall heimlich. „Das Geld für solche Dienste sollten sich Vater und Mutter lieber sparen und mehr vertrauen“, sagt Voß. Ab dem Teenageralter von 13 Jahren könnten betroffene Kinder ohnehin ihr Veto einlegen.

Beruflich genutzte Dienst-Handys unterliegen dagegen strengeren datenschutzrechtlichen Bestimmungen. So darf der Chef eines Taxiunternehmens, einer Geldtransportfirma oder Spedition seine Fahrer beispielsweise nur nach Zustimmung des Betriebsrats auf ihren Routen orten. In Kleinunternehmen hängt es in der Regel davon ab, inwieweit die Überwachung für betriebliche Abläufe notwendig ist.

Die Möglichkeit der Ortung sei ein heikles Thema, meint Fachmann Müller. Im Notfall könne sie helfen. Bei Missbrauch jedoch entstehe schnell eine lückenlose Überwachung.