Angeschlagenes Kreditinstitut erwägt frühere Rückzahlung der Staatsgelder. Im Halbjahr wurde netto eine Milliarde Euro verdient
Frankfurt. Die Commerzbank gehört zu den großen Gewinnern der überraschend positiven Konjunktur in Deutschland. Nach einem Milliardengewinn in den ersten sechs Monaten kündigte das staatlich gestützte Kreditinstitut auch für das Gesamtjahr 2010 einen Überschuss an. Nach zwei Verlustjahren hatte die Bank dies bisher erst für 2011 in Aussicht gestellt.
Die überraschend guten Ergebnisse heizten die Spekulationen über einen früheren Ausstieg des Staates weiter an. "Wir arbeiten jeden Tag daran, die stille Einlage schneller zurückzuzahlen", sagte Finanzvorstand Eric Strutz. Konkret versprechen wollte er aber nichts: Er blieb bei der schon bekannten Formulierung, man wolle spätestens 2012 mit der Rückzahlung der stillen Einlage von 16,4 Milliarden Euro beginnen. Bisher zahlt die Bank für diese Krisenhilfen nicht einmal Zinsen. Im ersten Halbjahr 2010 verbuchte die Bank 1,06 Milliarden Euro Nettogewinn. Ein Jahr zuvor hatte man noch 1,63 Milliarden Euro Verlust geschrieben. Mehrere Analysten kündigten an, ihre Gewinnprognosen nach oben zu schrauben. Sie hatten im Schnitt nur mit einem Nettoergebnis von einer halben Milliarden Euro gerechnet.
Dem Bund winken neun Prozent Zinsen für die Einlage in Milliardenhöhe
Von den guten Ergebnissen könnte die Kasse des Bundesfinanzministeriums erheblich profitieren. Schließlich sind für die stille Einlage des Bundes rund neun Prozent Zinsen vereinbart, was bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Jahr bedeutet - die allerdings nur gezahlt werden, wenn die Commerzbank Gewinne schreibt. Deshalb hat der Bund bisher noch keinen Cent dafür erhalten. Ob sich das dieses Jahr ändert, ist allerdings trotz der klaren Gewinnprognose noch offen.
Maßgeblich ist dafür nämlich nicht die Bilanz nach dem internationalen Buchungsstandard IFRS, mit dem Großkonzerne Quartal für Quartal arbeiten - sondern das Ergebnis nach dem deutschen Handelsgesetzbuch. "Das wird genau einmal im Jahr berechnet und liegt uns erst im Februar vor", sagte Strutz. Da erhebliche Unterschiede zu den IFRS-Zahlen bestehen könnten, könne er bis dahin auch nicht sagen, ob Zinsen auf die Staatshilfe gezahlt werden. Anfang der Woche hatte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) die Diskussion um die Staatshilfen für die Commerzbank angeheizt. Er forderte eine Rückzahlung bis zum Jahr 2013. Das nahm Strutz zurückhaltend auf: "Wir wollen so hilfreich wie möglich sein."
Die von wackelnden Firmen-, Schiffs- und Immobiliendarlehen gebeutelte Bank profitierte im zweiten Quartal vor allem von einer gesunkenen Risikovorsorge für faule Kredite. Sie sollen sich im Gesamtjahr höchstens auf drei Milliarden Euro belaufen, nachdem die Bank bislang 3,8 Milliarden Euro erwartete.
Nach starkem Kursanstieg gehörte die Aktie gestern zu den Verlierern
"Wir gehen nun davon aus, das Gesamtjahr 2010 in einem stabilen Marktumfeld mit einem Gewinn abzuschließen", sagte Vorstandschef Martin Blessing. Gleichzeitig warnte der Vorstand vor Euphorie: "Die Bäume wachsen nicht in den Himmel", sagte Finanzvorstand Strutz. Stabilität sei wichtiger als kurzfristige Gewinnmaximierung. An der Börse beeindruckten die Zahlen und die rosigeren Aussichten wenig: Die Aktie fiel um 2,2 Prozent auf 7,04 Euro. Händler sprachen von Gewinnmitnahmen, nachdem die Aktie seit Juli 23 Prozent zugelegt hat.