374.000 Euro hat die Bahn nach eigenen Angaben an geschädigte Fahrgäste ausgezahlt - und eine Preiserhöhung nicht ausgeschlossen.

Berlin. Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube ist bei der Halbjahresbilanz-Pressekonferenz seines Konzerns unfreiwillig Hauptdarsteller einer Satire geworden. „Guten Tag, mein Name ist Schlegl vom Deutschen Saunaverband“, stellte sich mitten in der Veranstaltung ein in einen weißen Bademantel gehüllter junger Mann vor. Neben ihm – ebenfalls mit Bademantel – saß einer der Schüler einer Klasse, aus der mehrere Jugendliche bei 50 bis 70 Grad Hitze in einem ICE kollabiert waren.

„Wir möchten ihnen den Innovationspreis für die beste Saunaidee 2010 verleihen“, wandte sich Schlegel an Grube. Dazu verleihe sein Verband dem Bahn-Chef das Goldene Handtuch. Grube nahm den Preis ruhig entgegen, betonte aber: „Der Hintergrund ist ja kein erfreulicher. Von daher freue ich mich nicht.“

Den Hintergrund der Aktion erläuterten die Preisverleiher im Anschluss: Tobias Schlegl moderiert die Satire-Sendung „Extra drei“ im NDR-Fernsehen, er machte Aufnahmen für die nächste Sendung: „Wir wollten ein Zeichen setzen“, sagte er. „Mehr Profit und weniger Service“, das passe nicht zusammen.

Immerhin hat die Deutsche Bahn nach den Hitzepannen in ICE-Zügen bereits Tausende Kunden entschädigt. Bis Dienstagabend seien insgesamt 374.000 Euro an 5627 Fahrgäste ausgezahlt worden, sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube. Mögliche Fahrpreiserhöhungen Ende des Jahres wollte er nicht ausschließen.

Die Bahn erstattet betroffenen Fahrgästen nach den Zugausfällen durch den Ausfall von Klimaanlagen mindestens einen Teil des Fahrpreises in Gutscheinen. „Das Versprechen einer kulanten und unkomplizierten Entschädigung können wir halten“, sagte Grube. Derzeit dauere die Entschädigung von Anfrage bis Auszahlung zehn bis 14 Tage.

Der Bahn hatten die hochsommerlichen Temperaturen der vergangenen Wochen bei ihren ICE-2-Zügen zu schaffen gemacht: Da die Klimaanlagen nur für Temperaturen bis 32 Grad Celsius ausgelegt sind, fielen sie vielfach aus. Teils herrschten deswegen in Zügen extreme Temperaturen, eine Reihe von Fahrgästen musste dehydriert von Ärzten behandelt werden und fallweise auch ins Krankenhaus gebracht werden. Betroffen waren rund 50 Züge.

Wer unter dem Ausfall von Klimaanlagen in den Zügen gelitten hat, erhält von der Bahn einen Reisegutschein über 50 Prozent des Fahrpreises. Fahrgäste, die gesundheitliche Probleme erlitten haben, sollen einen Gutschein über 150 Prozent des Ticketpreises erhalten sowie eine Barentschädigung von 500 Euro.

Die Hitzepannen seien ein „herber Rückschlag“ im Bemühen gewesen, „die Bahn zu einem sympathischeren Unternehmen zu machen“, sagte Grube. Er versprach, die Bahn betreibe bei ihrer derzeitigen Initiative für mehr Qualität „keine Kosmetik, sondern gehen die Herausforderungen von Grund auf an“. Ziel seien „grundlegende und nachhaltige Verbesserungen“.

Zu den finanziellen Folgen der Hitzepannen konnte Grube noch keine Angaben machen. Die Schwierigkeiten im Winter, als sich durch extreme Kälte ICE-Züge vielfach verspäteten oder ganz ausfielen, kosteten die Bahn nach Angaben des Bahn-Chefs allerdings 70 Millionen Euro. Unter dem Strich verdiente die Bahn im ersten Halbjahr 2010 deutlich weniger als noch ein Jahr zuvor: Der Gewinn nach Steuern fiel um 28,3 Prozent auf 392 Millionen Euro, wie Grube sagte.

Den Umsatz steigerte der Konzern auf 16,1 Milliarden Euro, 12,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Er liegt damit aber immer noch unter dem Vorkrisen-Niveau. Profitieren konnte die Bahn vor allem vom Güterverkehr, der mit dem Ende der Wirtschaftskrise wieder deutlich anzieht. Die Menge der beförderten Güter stieg laut Bahn um 40,1 Prozent auf 203 Millionen Tonnen.

Im Personenverkehr war die Entwicklung unterschiedlich: Insgesamt stieg die Zahl der Passagiere in den Zügen und Bussen der Deutschen Bahn sehr leicht auf 1,36 Milliarden. Im Verkehr auf der Schiene sank die Zahl allerdings: Nachdem die Bahn einige Ausschreibungen verloren hatte, nutzten weniger Menschen die Regionalzüge des Konzerns.

Die Planungen für eine mögliche Erhöhung der Ticketpreise auch in diesem Dezember würden erst im Herbst gemacht, sagte Grube. „Ich möchte der Anwalt der Kunden sein, ich muss aber auch ein Unternehmen lenken“, betonte der Bahn-Chef. „Gehen Sie davon aus: Wir machen hier nichts Verrücktes.“ Grube versprach auch, die Bahn werde die vielfältigen Pannen im Fernverkehr „sicherlich in irgendeiner Form bei der Entscheidung“ einbeziehen.