Theo Albrecht ist tot. Das von ihm mitbegründete System, der Lebensmitteldiscount, aber lebt - und hat die Welt erobert. Ein Nachruf.

Essen. Der Einzelhandels-Milliardär und Aldi-Mitgründer Theo Albrecht ist am Sonnabend im Alter von 88 Jahren gestorben, wie Aldi Nord am Mittwoch bekannt gab. Der Mitgründer von Deutschlands erster und größter Discount-Kette war laut US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ der drittreichste Deutsche mit einem Vermögen von fast 17 Milliarden Euro. Vor ihm liegen nur sein Bruder Karl und die Hamburger Otto-Familie.

Die Albrecht-Brüder hatten sich ihr Lebensmittel-Imperium im Jahr 1960 nach einem Zerwürfnis in Aldi Nord und Aldi Süd geteilt. Die Geschicke von Aldi Nord hatte Theo Albrecht nach Angaben des Unternehmens schon vor Jahren in die Hände externer Manager gegeben, das Vermögen des verschwiegenen und verschachtelten Konzerns mit 50.000 Mitarbeitern liege fest in Stiftungen. Das soll Kontinuität wahren und den weiteren Ausbau von Aldi Nord sichern, hieß es in einer drei Seiten umfassenden Mitteilung des Unternehmens.

Stefan Genth, der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands HDE, würdigte Albrecht: „Es gibt nur wenige Menschen, die einen ganzen Wirtschaftszweig geprägt haben. Theo Albrecht ist dies gelungen.“ Die Brüder hätten das Modell des Discounters in Deutschland erst durchgesetzt. Heute sei es nicht mehr aus dem Handel wegzudenken.

Aldi ("Albrecht Discount") hatte sich von Anfang an auf eine begrenzte Zahl von Artikeln begrenzt, die schmucklos in Kartons oder auf Paletten angeboten werden. Auf Markenartikel wird großteils verzichtet. Die Konzepte von Aldi Nord und Aldi Süd unterscheiden sich aber in Details - so gilt die Nord-Kette als Harddiscounter, während Aldi Süd sich hin zu mehr Service und Artikeln gewandelt hat.

Das Aldi-System, wenige Artikel mit Top-Qualität zu niedrigsten Preisen zu verkaufen, hat den gesamten deutschen Lebensmittelhandel verändert. Nirgends in Europa zahlen die Verbraucher so geringe Preise für Lebensmittel, nirgends liefern sich die Händler so erbitterte Preiskämpfe. Wenn Aldi die Preise senkt, zieht die Konkurrenz nach - nicht ohne sich lauthals über die "zerstörerischen Preissenkungen" zu beklagen. Obwohl das Aldi-Konzept vielfach von Nachahmern wie Nachahmer wie Lidl und Penny kopiert wurde, gilt die Kette immer noch als Marktführer. Sie setzt nach Branchenschätzungen jährlich rund 25 Milliarden Euro um und ist in weiten Teilen der Welt aktiv .

Albrecht wurde bereits am Mittwoch auf dem Friedhof Bredeney in seiner Geburtsstadt Essen beigesetzt. Er und sein zwei Jahre älterer Bruder Karl entstammen einer Kaufmannsfamilie. Sie schmiedeten nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem 1913 gegründeten Tante-Emma-Laden ihrer Mutter Deutschlands größten Discounter. Der „Aldi-Äquator“, der die beiden Unternehmensteile trennt, verläuft zwischen Essen und Mülheim, wo Aldi Süd seinen Sitz hat.

Der Norden und die östlichen Bundesländer gehören zu Theo Albrechts Aldi Nord. Auch das Ausland teilten sich die Brüder: Aldi Nord ist in Belgien, den Niederlanden, Frankreich, Spanien und Portugal vertreten. In den USA gehört der Discounter "Trader Joe's“ zum Imperium. Aldi Süd hat Filialen beispielsweise in Österreich und der Schweiz.

Beide Albrecht-Brüder waren extrem medienscheu. So wenig sie von den Bilanzen preisgaben, so wenig gaben sie auch von sich preis. Selbst das exakte Geburtsdatum von Theo Albrecht war bis zuletzt ein Geheimnis. Medienberichten zufolge wurde er am 13. oder 28. März 1922 geboren.

Ein Grund für diese Diskretion dürfte die Entführung von Theo Albrechts 1971 gewesen sein. Zwei Männer waren auf Albrecht durch das Buch "Die Reichen und die Superreichen in Deutschland" aufmerksam geworden. Sie erpressten sieben Millionen Mark von der Familie. Nachdem der Essener Ruhrbischof Franz Hengsbach das Lösegeld übergeben hatte, kam Albrecht frei. Er war 17 Tage in der Hand der Entführer, die 1973 zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden waren. Aus dieser Zeit stammen die wenigen in der Öffentlichkeit kursierenden Fotos von Theo Albrecht.

Biografen berichten über Theo Albrechts extreme Sparsamkeit. Als einen Beweis dafür nennen sie den Versuch, das Lösegeld, von dem nur die Hälfte wieder aufgetaucht war, von der Steuer abzusetzen. Aldi Nord spricht von unternehmerischer Solidität, der es zu verdanken sei, dass das Unternehmen bis heute keine Schulden habe. Albrecht sei Mitarbeitern und Geschäftspartnern gegenüber stets bescheiden aufgetreten.