Nach neuen Vorwürfen, der Textildiscounter Kik spioniere die Finanzen seiner Mitarbeiter aus, schaltet sich nun der Staatsanwalt ein.

Hamburg. Deutschlands größter Textildiscounter KiK hat einem Fernsehbericht zufolge über mehrere Jahre systematisch die persönlichen Vermögensverhältnisse seiner Mitarbeiter ausspioniert. Ziel sei es gewesen, sich von Beschäftigten mit massiven finanziellen Schwierigkeiten zu trennen, meldete das ARD-Magazin „Panorama“ unter Berufung auf einen langjährigen KiK-Bezirksleiter .

Nach Angaben des Senders prüft die Staatsanwaltschaft Dortmund deshalb nun neue Ermittlungen gegen den Textildiscounter. Vom Unternehmen selbst war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Der Chef des KiK-Mutterkonzerns Tengelmann, Karl-Ervian Haub, kündigte angesichts der anhaltenden Flut von Vorwürfen gegen KiK für die Zukunft aber eine offenere Kommunikationspolitik an.

„Wir hätten früher auf diese Themen reagieren und uns stellen müssen“, sagte der Unternehmer dem Wirtschaftsmagazin „Capital“. „Das werden wir in Zukunft mit Sicherheit tun.“ KiK war in der Vergangenheit wiederholt wegen der Niedriglöhne in seinen deutschen Filialen und den Produktionsbedingungen seiner asiatischen Lieferanten kritisiert worden.

Der neueste Vorwurf: In „Panorama“ schilderte Guido Hagelstede, der bei KiK zeitweise für bis zu 15 Filialen und mehr als 100 Mitarbeiter verantwortlich war, dass der Textildiscounter die finanziellen Verhältnisse aller Beschäftigten überprüft und sich von jedem Mitarbeiter getrennt habe, der einen Offenbarungseid geleistet habe oder der eine Haftandrohung hatte.

Meistens habe er als Bezirksleiter den Betroffenen während der Probezeit kündigen müssen oder befristete Arbeitsverhältnisse auslaufen lassen. Problematisch sei es gewesen, Mitarbeitern zu kündigen, die bereits im Kündigungsschutz waren. „Es war immer so, dass man sich dann irgendetwas aus den Fingern saugen musste“, zitiert die ARD den ehemaligen Bezirksleiter.

Laut „Panorama“ erklärte KiK in einer schriftlichen Stellungnahme zu den Vorwürfen: „Das von Ihnen angeführte Verfahren wird bei KiK nicht mehr praktiziert.“ Seit Oktober 2009 arbeite man „nicht mehr mit der Creditreform und auch mit keiner anderen Wirtschaftsauskunftei“ zusammen.

SPD-Datenschutzexperte Gerold Reichenbach forderte angesichts des „neuen Datenschutzskandals“ bei KiK eine rasche Verbesserung des Arbeitnehmerdatenschutzes. Die Bundesregierung dürfe sich nicht länger auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausruhen. Beate Müller-Gemmeke, die Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion für Arbeitnehmerrechte, sprach von einem Skandal, der streng geahndet werden müsse.

Panorama zufolge hatte die Staatsanwaltschaft Dortmund im vergangenen Jahr bereits wegen vergleichbarer Vorwürfe vergeblich gegen KiK ermittelt. Obwohl der Discounter allein in den Jahren 2008 und 2009 in mehr als 49.000 Fällen die Vermögensverhältnisse seiner Mitarbeiter bei Creditreform abgefragt habe, habe die Staatsanwaltschaft damals aber nicht nachweisen können, dass dies mit der Absicht geschehen sei, den Betroffenen systematisch zu schaden. „Wir hätten beweisen müssen, dass KiK systematisch die Mitarbeiter aussiebt, die eine schlechte Creditreformauskunft haben, und das war nicht beweisbar“, zitierte „Panorama“ die Dortmunder Oberstaatsanwältin Ina Holznagel.

KiK betreibt nach eigenen Angaben über 2900 Filialen in Deutschland, Österreich, Tschechien, Slowenien, Ungarn und der Slowakei.