Mädchen, die jetzt geboren werden, erreichen im Durchschnitt ein Lebensalter von 93 Jahren. Jungen werden wahrscheinlich fast 90 Jahre alt, das haben Statistiker der Universität Köln ausgerechnet.
Jemand, der am 1. Juli 2011 das erste Mal die Hebamme anschreit, hat also gute Chancen, das Jahr 2100 zu erleben. Möglich wird diese Entwicklung durch immer bessere Medizin. Sie erlaubt es nicht nur, länger zu leben, sondern vor allem auch, länger gesund zu leben.
Man muss nicht an Szenarien glauben, wonach die Republik bald nur noch aus humpelnden Alten besteht. Schon jetzt sind Senioren fitter und unternehmungslustiger als vor zehn oder 20 Jahren. Fakt ist aber, dass die Zahl der alten Menschen im Verhältnis zum Rest der Bevölkerung steigt, denn nach allem, was bekannt ist, wird die Bevölkerung insgesamt weiter schrumpfen. Für die sozialen Sicherungssysteme ist das eine Herausforderung, das gilt nicht nur für die Kranken- und Renten-, sondern auch für die Pflegeversicherung.
Wenn dort, in den Pflegekassen, nun ein Defizit am Horizont auftaucht, dann ist das kein Grund zur Panik. Es zeigt aber, dass die Pflegeversicherung nicht auf festen finanziellen Füßen steht. Immer mehr Leistungen, die den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen das Leben leichter machen sollen, wollen auch bezahlt werden.
CDU, CSU und FDP haben sich im Koalitionsvertrag unter anderem vorgenommen, die Pflegeversicherung um eine Kapitalrücklage zu erweitern. Das heißt, dass die Generation, die jetzt arbeitet, etwas für ihr eigenes Alter zurücklegen soll. Das einfache Umlageverfahren, bei dem Arbeitnehmer Geld einzahlen, das unmittelbar für die Versorgung der Pflegebedürftigen ausgegeben wird, stößt in einer älter werdenden Gesellschaft an seine Grenzen, denn immer weniger Beitragszahler müssten für immer mehr Pflegebedürftige zahlen. Es ist deshalb prinzipiell richtig, dass der Staat hier Vorsorge treffen will. Doch wird es stark auf die konkrete Umsetzung ankommen. Das Geld, mit dem für die Zukunft vorgesorgt wird, muss sicher angelegt sein. Die Politik darf gar nicht in Versuchung kommen, es für andere Zwecke als den zugedachten zu verwenden.
Aber es gibt noch mehr zu tun in der Pflegeversicherung. So müssen die Ausbildung und die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften verbessert werden. Zudem fehlen den Angehörigen noch immer klare Hinweise auf die Qualität von Pflegeeinrichtungen. Die Pflegenoten, die inzwischen vergeben werden, sind ein erster Schritt, aber sie sind noch nicht perfekt. Die Kriterien der Benotung müssen klar und nachvollziehbar sein, und die Betreiber der Pflegeeinrichtungen sollten sich der Benotung nicht widersetzen. Auf den Bundesgesundheitsminister, der noch immer mit der Gesundheitsreform befasst ist, wartet zweifellos genug Arbeit.