Nach monatelanger Vorbereitung treffen Vertreter von Porsche und VW am Mittwoch vor dem Landgericht Braunschweig auf die Urheber mehrerer Milliardenklagen gegen die beiden Unternehmen. Zu Beginn des mit Spannung erwarteten Verfahrens geben sich beide Seiten siegessicher.

Braunschweig/Stuttgart/Wolfsburg. Das juristische Nachspiel um die Übernahmeschlacht zwischen Porsche und Volkswagen 2008/2009 geht am Mittwoch (27. Juni) in die heiße Phase. Das Landgericht Braunschweig verhandelt über zunächst zwei von fünf Investorenklagen gegen die Porsche-Holding SE (PSE). Dabei geht es um Forderungen nach Schadenersatz in Millionenhöhe. Die übrigen drei Verfahren, bei denen die Klagesumme mehrere Milliarden Euro beträgt und bei denen zum Teil auch die Volkswagen AG betroffen ist, werden noch nicht verhandelt.

In einem ersten Schritt startet die zuständige Kammer mit ihren Beratungen zu Klagen gegen die PSE und eine Frankfurter Bank über 3,1 Millionen Euro. Gegenstand einer weiteren mündlichen Verhandlung ist eine Klage gegen die PSE mit einem Volumen von 1,6 Millionen Euro. In diesen beiden Fällen verhandelt das Gericht schon in der Hauptsache.

Bei zwei zusätzlichen Verfahren liegt die Klagesumme zusammen bei mehr als 2,1 Milliarden Euro – hier wird aber noch nicht über Zulässigkeit und Begründung möglicher Ansprüche diskutiert. Während sich eine dieser Klagen auf die PSE bezieht, ist im zweiten Fall auch die VW AG betroffen; dort muss allerdings zuerst eine Absicherung der Prozesskosten geklärt werden. Einen mündlichen Verhandlungstermin zu einer fünften Klage – sie allein beläuft sich auf weitere 2 Milliarden Euro – gibt es laut Braunschweiger Gericht derzeit nicht.

Die Unternehmen wiesen vor Beginn des Prozesses erneut den Vorwurf zurück, dass Mitglieder ihrer Vorstände oder Aufsichtsräte im Zuge des später gescheiterten Übernahmeversuchs von Volkswagen durch Porsche bewusst ihre wahren Absichten verheimlicht hätten. Anleger machen vor allem Porsche für hohe Einbußen infolge entgangener Gewinne verantwortlich, VW soll aus ihrer Sicht davon gewusst haben.

„Die Schadenersatzsprüche sind unbegründet“, bekräftigte ein Sprecher der PSE am Montag im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Dachgesellschaft des Sportwagenbauers, deren Risikolast eine direkte Fusion von VW und Porsche im vergangenen Jahr verhindert hatte, wies die Anschuldigungen „entschieden“ zurück, sie habe den Markt damals mit Presseinformationen in die Irre geführt.

Vielmehr müssten die Urheber der Vorwürfe ihr Verhalten erklären, entgegnete die PSE: „Die Kläger vor dem Landgericht Braunschweig sind professionelle Investoren, die wissentlich enorme Risiken eingegangen sind und sich verspekuliert haben. Ihre Klagen sind der Versuch, sich für eigene Fehleinschätzungen schadlos zu halten.“

Auch Volkswagen ging in die Offensive: „Es bleibt dabei, dass wir diese Klagen für unbegründet halten“, erklärte ein Konzernsprecher. Man müsse außerdem abwarten, bis die inhaltlichen Punkte thematisiert werden: „Es geht in dieser Verhandlung (am Mittwoch) lediglich um die Frage, ob die Klägerin eine Prozesskostensicherheit zu leisten hat.“

Dagegen hielt die gegnerische Seite an ihrem Optimismus vor dem Start des Milliardenverfahrens fest. „Ich erhoffe mir durchaus, schon am Mittwoch etwas für den weiteren Verlauf mitnehmen zu können“, sagte der Münchner Kapitalmarktrechtler Franz Braun, der 72 einzelne Investorenklagen gebündelt hat. „Uns hat jetzt keinesfalls der Mut verlassen. Ich bleibe nach wie vor von unserem Fall überzeugt.“