Die neuen Kapitalvorschriften für Versicherungsunternehmen sollen abgemildert werden. Denn die derzeitigen Niedrigzinsen bereiten den Konzernen große Probleme.

Hamburg. Die EU will die geplanten strengeren Kapitalvorschriften für Versicherer laut einem Pressebericht deutlich abmildern. Nach heftigem Druck der Branche und Kritik von Aufsichtsbehörden wolle Brüssel alle bestehenden Verträge für sieben Jahre von dem neuen Regelwerk „Solvency II“ ausnehmen, das ab 2014 gelten soll, berichtet die „Financial Times Deutschland“. Für die Altverträge sollten weiter die bisherigen Standards gelten. Nur bei Risikomanagement und Berichten müssten Unternehmen die neuen Regeln einhalten. Dies entschärfe die Reform für die Lebensversicherer erheblich.

Mit der Schonfrist reagiert die EU dem Bericht zufolge auf Warnungen, dass viele Versicherer mit den neuen Regeln enorme Probleme bekommen könnten. Bei einem Test der deutschen Branche hatte sich herausgestellt, dass rund 40 Prozent der Lebensversicherer in Schwierigkeiten geraten würden, rund zehn Prozent sogar in Existenznot. „Das Problem sind die Niedrigzinsen, sie wirken sich unter 'Solvency II' sehr negativ aus“, zitiert die „FTD“ einen Topmanager.

Für Kunden bedeute die Ausnahme für Altverträge, dass die Gefahr eines Kollapses ihrer Gesellschaft deutlich gesunken sei, schreibt die Zeitung. Allerdings gelten Turbulenzen bei einigen Anbietern von Lebensversicherungen wegen der Niedrigzinsen weiterhin als sehr wahrscheinlich. Kunden notleidender Gesellschaften würden von der brancheneigenen Auffanggesellschaft Protektor übernommen.

Mit „Solvency II“ will Brüssel die Aufsichtsregeln EU-weit vereinheitlichen und Versicherer krisenfester machen. Die Anbieter müssen künftig für alle Risiken bestimmte Eigenmittel vorhalten. So braucht ein Anbieter, der Pharmafirmen versichert, mehr Kapital als der Rivale, der Wohnhäuser abdeckt. Versicherer müssen Kapitalanlagen in Aktien mit mehr Eigenmitteln unterlegen als bei Anlagen in Staatsanleihen. In Brüssel laufen momentan die Abstimmungen zwischen Parlament, EU-Kommission und Ministerrat über das Regelwerk. (dpa)