Die Finanzmärkte treiben die Eurozone weiter vor sich her. Eine globale Antwort könnte dem Hase-und-Igel-Spiel vielleicht ein Ende bereiten. Doch die führenden Wirtschaftsmächte bleiben in kleinteiligem Streit und Absichtserklärungen stecken.

Los Cabos. Die Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) drängt die Europäer nach der Wahl in Griechenland dazu, endlich ihre Staatsschuldenkrise zu lösen. Europa müsse „alle notwendigen politischen Maßnahmen" ergreifen, um die seit mehr als zwei Jahren andauernden Probleme in den Griff zu bekommen, forderte die G20 in einem Kommunique-Entwurf beim Gipfeltreffen im mexikanischen Los Cabos. Die Euro-Staaten müssten den Teufelskreis aus angeschlagenen Banken und ausufernden Staatsschulden durchbrechen.

Die führenden Volkswirtschaften der Erde sehen die Eurozone zu allererst selbst in der Pflicht, die Finanzmärkte zu beruhigen, Vertrauen zurückzugewinnen und Wachstum zu schaffen. Eines der wichtigsten Treffen zur Euro-Schuldenkrise wurde kurzfristig abgesagt.

Anders als geplant kamen US-Präsident Barack Obama und die europäischen Gipfelteilnehmer am späten Montagabend (Ortszeit) nicht wie verabredet zusammen. Zur Begründung hieß es, es gebe keinen Gesprächsbedarf mehr. Aus US-Regierungskreisen hieß es, das Abendessen habe lange gedauert, „so dass wir das Treffen mit der Euro-Zone abgesagt haben“. Der Präsident habe die Gelegenheit für weitere Treffen am Rande des Gipfels.

Grundsätzlich hatte der Gipfel das Problem, zumindest die grobe Linie in der Eeuro-Schuldenkrise abzustecken. Die Gruppe der 20 (G20) suchte vergeblich den Schulterschluss – stattdessen gab es beim zweitägigen Gipfel der Staats- und Regierungschefs in mexikanischen Badeort Los Cabos offen ausgetragenen Streit. Die Abschlusserklärung, die am Dienstag verabschiedet werden sollte, ging über die meist bekannten Absichtserklärungen kaum hinaus.

Die Staaten der Eurozone sagten zu, sich weiter anzustrengen. Im Entwurf der Abschlusserklärung, der der Deutschen Presse-Agentur dpa vorlag, versicherte sie, alles nur Nötige zu tun, um ihre Finanzen wieder in Ordnung zu bringen.

Zum Auftakt des Treffens an der Pazifikküste gab es gegenseitige Schuldzuweisungen. Die USA, China, Indien und Südkorea zeigten sich tief beunruhigt, dass die Schuldenkrise weiter schwelt und schlimmstenfalls die Weltwirtschaft bedroht. Bei allem Verständnis für die Lage der Europäer überwogen kritische Töne.

Stellvertretend rief Südkoreas Präsident Lee Myung Bak zu einschneidenden Reformen in Europa auf. Sie seien die einzige Lösung für die Schuldenprobleme – egal, wie schmerzhaft oder unpopulär sie auch seien, sagte er. Das Finanzsystem der Eurozone müsse von Grund auf überholt werden, um Gefahren für die Weltwirtschaft zu eliminieren.

Im Ton konziliant, aber in der Sache hart gaben sich auch US-Präsident Barack Obama, Chinas Staatschef Hu Jintao und Indiens Premier Manmohan Singh.

Einseitige Schuldzuweisungen wies Bundeskanzlerin Angela Merkel entschieden zurück. Die Schuldenkrise sei eben nicht allein Problem der Europäer, auch andere Wirtschaftsmächte stünden in der Pflicht, sagte sie. „Hier wird jeder Kontinent seinen Beitrag leisten müssen.“

Schwer verärgert war EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso: „Wir lassen uns hier von niemandem belehren.“ Die Krise sei nicht von Europa ausgelöst worden, sondern habe in den USA ihren Ausgang genommen.

Merkel und Obama trafen sich allein am Rande des Gipfels. Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen waren sie sich einig, „dass weitere Schritte zur politischen Integration“ in Europa notwendig seien.

Die fünf Brics-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika – warnten vor den Gefahren der Euro-Schuldenkrise und forderten „kooperative Lösungen“. Die Gruppe der 20 (G20) machte sich für eine Ankurbelung der Weltkonjunktur stark, wie das indische Außenministerium bekanntgab.

Um der Kritik an ihrem Krisenmanagement zu begegnen, wollen die Euro-Länder in der Abschlusserklärung eine Garantie für die Stabilität der gemeinsamen Währung abgeben. „Die Mitglieder der Eurozone in der G20 werden alle notwendigen politischen Maßnahmen ergreifen, um die Integrität und Stabilität des Währungsraums zu sichern.“

Der Teufelskreis von Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder und angeschlagenen Banken müsse durchbrochen werden, heißt es weiter. Die Länder der Euro-Zone wollen sich zudem für besser funktionierende Finanzmärkte einsetzen.

Die G20 fordern, dass die Euro-Länder mit der neuen Regierung in Griechenland zusammenarbeiten müssten, um das Land am Rande des Bankrotts auf Reformkurs und in der Währungsgemeinschaft zu halten. Die von Spanien geplante Banken-Rekapitalisierung im Umfang von bis 100 Milliarden Euro wird begrüßt.

Insgesamt will die G20 zur Ankurbelung der Weltwirtschaft an einem Strang ziehen. „Wir werden zusammen agieren, um den Aufschwung zu stärken und Spannungen an den Finanzmärkten abzubauen“, heißt es in dem Entwurf, der am Dienstag verabschiedet werden soll. Die europäischen G20-Länder sagen Wachstumsimpulse zu, ohne dabei den Kurs der Haushaltskonsolidierung aufzugeben.

Es ist der siebte G20-Gipfel seit November 2008, als die Staats- und Regierungschefs erstmals zusammengekommen waren, um das Weltfinanzsystem nach der Pleite der US-Investbank Lehman Brothers vor dem Zusammenbruch zu bewahren. (rtr/dpa)