Die deutsche Solarbranche wankt, eine Pleite jagt die andere. Der einstige Börsenstar Q-Cells hat derzeit kein Rettungskonzept mehr. Spekulationen zufolge könnte ausgerechnet eine Insolvenz die letzte Chance für das Unternehmen sein.
Bitterfeld-Wolfen/Hamburg. Der um das Überleben ringende Solarkonzern Q-Cells will sich laut einem Bericht mit einer Insolvenz in Eigenverwaltung von der erdrückenden Schuldenlast befreien. Der Vorstand des Unternehmens könnte am Montag oder Dienstag beim Amtsgericht Dessau einen Insolvenzantrag stellen, erfuhr das „Manager Magazin“ aus Unternehmenskreisen. Es wäre nach Solarhybrid, Solar Millennium und Solon die vierte größere Pleite in der deutschen Solarbranche. Diese leidet seit einiger Zeit unter Förderkürzungen und einem immensen Preisverfall, der vor allem durch starke Konkurrenz aus China ausgelöst wurde.
Q-Cells beschäftigte zuletzt fast 2200 Menschen und strebt dem Bericht zufolge eine Insolvenz mit dem Ziel einer finanziellen Sanierung an. Dann könnte das Unternehmen seine komplizierten Anleihe-Konstruktionen rechtlich nach England verlegen und nach dortigem Recht erneut eine Einigung mit den Gläubigern herbeiführen, hieß es in dem Bericht. Eine Q-Cells-Sprecherin lehnte am Samstag einen Kommentar zu dem Bericht ab. Das Unternehmen hatte am Freitag mitgeteilt, dass die bisher geplante Umschuldung wegen eines ungünstigen Urteils in einem ähnlichen Fall gescheitert ist. In der Mitteilung hieß es zudem, dass der Q-Cells-Vorstand derzeit nach Alternativen sucht. Details nannte das Unternehmen nicht.
Auf Staatshilfe kann sich Q-Cells dabei wohl nicht einstellen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte am Sonnabend in der MDR-Sendung „Sachsen-Anhalt heute“, das Land werde zwar alles tun, „dass diese Situation entspannt wird“, warnte aber vor zu hohen Erwartungen. „Der Staat selber kann in dieser Situation finanziell nicht zur Seite stehen.“
Q-Cells rutschte 2011 wegen der Branchenkrise tief in die roten Zahlen. Der Verlust war mit 846 Millionen Euro fast so hoch wie der Umsatz, der um ein Viertel auf rund eine Milliarde Euro eingebrochen ist. Bisher plante der Solarkonzern einen radikalen Schulden- und Kapitalschnitt.
In Sachsen-Anhalt sind mehrere tausend Menschen in der Solarbranche beschäftigt. Das Industriegebiet „Solar Valley“ in Bitterfeld-Wolfen, dessen Kern Q-Cells ist, gehört zu den größten seiner Art in Europa. Mit dem Strukturwandel in der Chemie und dem Aus des Braunkohlebergbaus in der Region nach 1990 wurden Q-Cells und andere Firmen der jungen Industrie zu Hoffnungsträgern.
Der Vorstand des Solarunternehmens, das an der Börse Ende 2007 fast acht Milliarden Euro wert war und heute nur noch auf eine Marktkapitalisierung von knapp 40 Millionen Euro kommt, informierte dem Bericht im „Manager Magazin“ zufolge den Aufsichtsrat am Freitagnachmittag über die Lage. Mittags hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass die erzielte Vereinbarung mit den Anleihegläubigern nicht umgesetzt werden könne. Grund sei die vor wenigen Tagen ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt im Fall Pfleiderer.
Der Neumarkter Holzverarbeiter musste daraufhin Insolvenz anmelden. Das Gericht hatte angewiesen, dass bei den derzeit gültigen Konditionen die Anleihegläubiger vollständig dem Restrukturierungskonzept zustimmen müssten. Das war weder bei Pfleiderer noch bei Q-Cells der Fall. (dpa)