Die Schuldenkrise im Euroland erschüttert seit mehr als zwei Jahren die Finanzwelt. Im Mittelpunkt stehen fünf Problemfälle, nach ihren Anfangsbuchstaben oft „PIIGS“ genannt.
Berlin. Nach der vorläufigen Rettung des größten Sorgenkinds Griechenland rücken nun verstärkt wieder andere Länder ins Blickfeld, allen voran Portugal, das von Pessimisten schon das „zweite Griechenland“ genannt wird. Ein Überblick zeigt, wie es den Krisenländern aktuell geht.
Griechenland
Erster Krisenfall – und das erste Land, das bereits zum zweiten Mal internationale Finanzhilfe brauchte. Die Hilfspakete von 2010 und 2012 summieren sich auf 240 Milliarden Euro, hinzu kommt der Schuldenschnitt im Volumen von 105 Milliarden Euro. Dennoch regiert Ungewissheit im Land, wohin die radikalen Sparprogramme führen. Die griechische Wirtschaft soll 2012 weiter um 4,5 Prozent schrumpfen, das fünfte Rezessionsjahr in Folge. Die Arbeitslosigkeit erreichte Ende 2011 die 21 Prozent. Das Haushaltsdefizit soll etwa 6,7 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen, immer noch mehr als doppelt so viel wie nach den EU-Spielregeln erlaubt. Spätestens Anfang Mai soll das Parlament neu gewählt werden. Die Traditionsparteien, die Konservativen und die Sozialisten, stützen den harten Sparkurs – die linken und rechtsgerichteten Parteien machen Front dagegen.
Portugal
Bekam als bislang letztes Euroland 2011 internationale Hilfszusagen im Umfang von 78 Milliarden Euro. Die Wirtschaft des kleinen Landes am Atlantik schwächelt seit zehn Jahren und steckt ebenfalls in einer Rezession. 2012 wird die wirtschaftliche Leistung nach Prognosen der Regierung um 3,3 Prozent schrumpfen, nach minus 1,5 Prozent im Vorjahr. Die Arbeitslosigkeit liegt bei rund 15 Prozent. Für 2013 hofft die EU wieder auf etwas Wachstum. An der Haushaltsfront konnte Lissabon Erfolge verbuchen. Das Defizit wurde 2011 von 9,8 (2010) auf rund vier Prozent zurückgeschraubt. Das war weit besser als das ursprüngliche Ziel von 5,9 Prozent – aber nur, weil der Staat sich von Banken rund sechs Milliarden Euro aus Pensionskassen auszahlen ließ. Schwarzmaler, wie der Chef des Vermögensverwalters Pimco, rechnen damit, dass Portugal auf ein zweites Hilfspaket und eine Umschuldung zusteuert.
Irland
Hängt seit 2010 am internationalen Finanztropf. Die Hilfszusagen belaufen sich auf 85 Milliarden Euro. Dublin sieht sich selbst als Musterknabe unter den PIIGS-Staaten. Der Zusammenbruch des irischen Bankensystems hinterließ einen riesigen Schuldenberg. Die Neuverschuldung lag 2011 immer noch bei über 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Immerhin legte die Wirtschaft 2011 um 0,7 Prozent zu – das erste Wachstum nach drei Jahren Rezession. Für 2012 wird mit einem leichten Wachstum von 0,5 Prozent gerechnet. Um die hohe Arbeitslosigkeit von derzeit 14 Prozent zu reduzieren, müsste das Wachstumstempo aber wieder an einstige Boomjahre anknüpfen. Irische Ökonomen schließen die Gefahr nicht aus, dass auch Irland ein zweites Hilfspaket benötigen könnte.
Spanien
ist wieder zu einem Sorgenkind auf den Finanzmärkten geworden. Die Risikoaufschläge für staatliche Anleihen steigen. Die Regierung musste einräumen, dass Spanien 2011 sein Sparziel weit verfehlt hat und auch in diesem Jahr das mit den Euro-Partnern vereinbarte Defizitziel von 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht erreichen kann. Madrid strebt nun in Absprache mit Brüssel einen Wert von 5,3 Prozent an. Die große Schwäche Spaniens besteht darin, dass die Bauwirtschaft, eine der ökonomische Säulen, weggebrochen und die Arbeitslosigkeit – mit prognostizierten 24 Prozent 2012 – die höchste in der EU ist. Spanien steht vor einem Einbruch: Für dieses Jahr wird ein Schrumpfen der Wirtschaftskraft um 1,7 Prozent erwartet.
Italien
Das hoch verschuldete Italien ist im vierten Quartal 2011 in die Rezession abgerutscht und bleibt dort wohl auch im laufenden Jahr – vor allem wegen stagnierenden Konsums im Land selbst. Die Schätzungen für 2012 reichen von minus 0,4 Prozent bis minus 2,2 Prozent für die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Die Arbeitslosigkeit liegt bei rund 9 Prozent. Beim Abbau des Etatdefizits kommt Rom voran. Es hat sich 2011 auf 3,9 Prozent (2010: 4,6 Prozent) verringert. Politik und Märkte sind verhalten optimistisch, dass der Sparkurs und die Reformen der Technokratenregierung unter Mario Monti erfolgreich sein könnten. Der erste größere Widerstand gegen die Politik Montis bahnt sich jedoch bei der von ihm geplanten Arbeitsmarktreform an. (dpa)