Frankfurt/Main. Bei der zweitgrößten Kette von Fitness-Studios in Deutschland knirscht es gewaltig. Beim Frankfurter Unternehmen Fitness First erheben laut einem Bericht der „Welt am Sonntag“ aktuelle und frühere Mitarbeiter schwere Vorwürfe, die von Betrug über schlechte Arbeitsbedingungen bis zur gezielten Behinderung von Betriebsratsgründungen reichen. Das Unternehmen mit rund 280 000 Kunden an 87 Standorten hat die Vorwürfe am Sonntag zurückgewiesen und eine Überprüfung durch externe Berater angekündigt.

Die namentlich nicht genannten Insider behaupten, Fitness First habe in den vergangenen Jahren immer wieder falsche Mitgliedsbeiträge abgebucht, schreibt die Zeitung. Zu niedrige Beiträge seien nachgefordert werden, während zu hohe Beiträge bewusst nur zurückerstattet worden sein sollen, wenn ein Mitglied sich selbst gemeldet habe. Das Unternehmen nannte den Vorwurf gegenüber der Zeitung „abstrus“. Es habe zwar vereinzelt Systemprobleme gegeben, die aber im Promillebereich der Kundenzahl gelegen hätten.

Ein möglicher Betrugsfall beim Firmenkunden RAG in Saarbrücken sei einem Mitarbeiter zuzurechnen und intern aufgedeckt worden. Auch bei der Abrechnung von vergünstigten Mitgliedschaften der Krankenkasse BKK R+V soll es laut Mitarbeitern zu Betrügereien gekommen sein. Fitness First habe auf Basis gefälschter Pässe Rechnungen bei der Krankenkasse gestellt.

Fitness First bestreitet auch diese Vorwürfe. Mitglieder, die keinen vollständigen Trainingsplan vorweisen könnten, seien seit März 2010 fünfmal nachbelastet worden.

Firmenchef Stefan Tilk nimmt für sich in Anspruch, das Betriebsklima bei der vormaligen „Fitness Company“ wesentlich verbessert zu haben. Einzelfällen von schlechter Mitarbeiterführung werde nachgegangen. Man habe gerade in den vergangenen Monaten nach der Schließung einiger unrentabler Clubs einen echten Turnaround geschafft und wieder deutlich mehr Mitglieder, die zudem deutlich länger ihrem Studio treu blieben. Früher habe man mehr als die Hälfte der Kunden innerhalb eines Jahres wieder verloren, heute seien es nur noch unter 30 Prozent, sagte der Fitness-First-Chef.

Tilk wies Vorwürfe zurück, dass in seinem Unternehmen die Gründung von Betriebsräten systematisch behindert werde. Er habe bislang immer in Unternehmen gearbeitet, die vertrauensvoll mit Arbeitnehmervertretungen umgegangen seien. „Ich habe nichts gegen Betriebsräte“, sagte der Geschäftsführer. Bei Fitness First arbeiten nach seinen Angaben rund 4500 Leute, davon nur 1200 festangestellte Vollzeitkräfte.

Die Gewerkschaft Verdi sieht die Sache laut Zeitung aber anders. „Wo sich eine Möglichkeit bietet, streut Fitness First bei geplanten Betriebsratsgründungen Sand ins Getriebe, übt Druck auf Mitarbeiter aus oder sucht nach Formfehlern“, wird Ver.di-Mitarbeiter Achim Meyer-Heithuis zitiert. So sei Mitarbeitern gedroht worden, keine Übungsstunden mehr zu bekommen, falls sie für den Betriebsrat kandidieren. Anderen Kollegen sei eine Beförderung angeboten worden - aber nur unter der Bedingung, aus dem Betriebsrat auszuscheiden, damit dieser sich in dem entsprechenden Club auflöse. (dpa)