Gelingt der Schuldenschnitt in Griechenland oder nicht? Eine Antwort darauf soll in den nächsten Tagen gefunden werden. Der Internationale Bankenverband ist zuversichtlich. Aber möglicherweise braucht Athen nach dem zweiten Rettungspaket auch noch ein drittes.
Athen/London. Wenige Tage vor Bekanntgabe des mit Spannung erwarteten Ergebnisses zum Schuldenschnitt in Griechenland bekommen Spekulationen über ein mögliches drittes Rettungspaket für das pleitebedrohte Euro-Land neue Nahrung. So ist nach „Spiegel“-Informationen aus Sicht der internationalen Finanzkontrolleure nicht garantiert, dass sich der Schuldensünder wie geplant schon 2015 wieder selbstständig Kredite besorgen kann. Die Regierung in Athen zeigte sich unterdessen unbeeindruckt von dem Urteil der Ratingagentur Moody’s, die Griechenland auf die niedrigste Note und damit auf „Zahlungsausfall“ herabstufte.
Wie das Nachrichtenmagazin schreibt, hat Griechenland von 2015 bis 2020 möglicherweise einen „externen Finanzbedarf von bis zu 50 Milliarden Euro“. Der „Spiegel“ zitiert aus einem Entwurf des jüngsten Berichts der „Troika“ aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zur Lage in Griechenland. Die Passage sei aber auf Druck auch der deutschen Regierung gestrichen worden. Spekulationen über ein drittes Paket hatte es zuletzt immer wieder gegeben.
Das zweite Hilfspaket von 130 Milliarden Euro für Athen ist bereits beschlossen. Die Notkredite sind an die Beteiligung privater Gläubiger wie Banken und Versicherungen an dem geplanten Schuldenschnitt gebunden. Am Freitag wollen die Euro-Finanzminister endgültig grünes Licht geben – nach dem Ende der Frist, bis zu der die privaten Gläubiger sich freiwillig an dem Schuldenschnitt beteiligen können.
Der Geschäftsführer des internationalen Bankenverbands IIF, Charles Dallara, äußerte sich zuversichtlich, dass die Aktion gelingen werde. Er sei optimistisch, dass möglichst viele Gläubiger sich beteiligen würden, sagte er am Wochenende dem griechischen TV-Sender ANT1. Die EZB fürchtet nach „Spiegel“-Informationen jedoch eine zu geringe Beteiligung am Schuldenschnitt.
Um den Schuldenberg Athens zu verringern, sollen Banken, Versicherungen und Fonds auf Forderungen an Athen in Höhe von 107 Milliarden Euro freiwillig verzichten. Das entspräche einem Schuldenschnitt von 53,5 Prozent. Griechenland will Anleger notfalls per Gesetz zwingen, bei dem Forderungsverzicht mitzumachen. Das funktioniert über nachträglich eingefügte Umschuldungsklauseln, sogenannte Collective Action Clauses (CAC). „Wahrscheinlich müssen die rückwirkenden Umschuldungsklauseln aktiviert werden“, verlautete dem „Spiegel“-Bericht zufolge aus dem Umfeld der EZB.
Ein solcher Schritt ist vor allen den Ratingagenturen ein Dorn im Auge. So hat nach Standard & Poor’s auch Moody’s die Kreditwürdigkeit Griechenlands weiter herabgestuft und zwar von „Ca“ auf die schlechteste Note „C“, was Zahlungsausfall bedeutet. Die Bonitätswächter begründeten den Schritt mit der Einigung auf einen Schuldenschnitt.
Die zu dem Forderungsverzicht verkündeten Vereinbarungen hätten zur Folge, dass den beteiligten Inhabern griechischer Schuldverschreibungen bedeutende wirtschaftliche Verluste entstünden, teilte Moody’s am Freitagabend in London weiter mit.
Einen Ausblick auf die weitere Entwicklung könne deshalb nicht gegeben werden, da die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls weiter hoch sei, sich Griechenland aber bereits auf der niedrigsten Bewertungsstufe befinde.
Athen reagierte gelassen. Man habe den Schritt erwartet, sagte ein Mitarbeiter des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos der Nachrichtenagentur dpa am Samstag in Athen.
Bereits am vergangenen Montag hatte die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) mit einer erneuten Abstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands auf den Schuldenschnitt reagiert. Die bereits mangelhafte Note „CC“ wurde auf ein „Selective Default“, also einen teilweisen Zahlungsausfall, gesenkt.
Ein Zahlungsausfall ist deshalb problematisch, weil damit Kreditausfallversicherungen fällig werden könnten. Diese sogenannten Credit Default Swaps (CDS) waren einer der Gründe, warum die Finanzkrise des Jahres 2008 so dramatische Ausmaße angenommen hatte. Damals war es nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers zu einer Kettenreaktion im Finanzsystem gekommen.
Diese Versicherungen werden im Fall Griechenland zunächst aber nicht fällig. Am Donnerstag hatte die mit der Entscheidung beauftragte International Swaps and Derivatives Association (ISDA) auf ihrer Internetseite bekanntgegeben, dass die Sonderstellung der Europäischen Zentralbank (EZB) beim griechischen Schuldenschnitt nicht ausreiche, um die „Credit Default Swaps“ auszulösen.
Die ISDA ist ein Branchenverband, in dem sowohl Investoren als auch Emittenten organisiert sind. Sie stellte fest, dass aus dem Anleihetausch, durch den die EZB von einem möglicherweise erzwungenen Forderungsverzicht verschont bleiben würde, sich kein sogenanntes Kreditereignis ergebe, also damit die CDS nicht fällig werden. Die Situation könnte sich jedoch ändern, falls Griechenland seine Investoren tatsächlich zum Schuldenschnitt zwingt. (dpa)