Gegen lange Arbeitstage auf der Schiffsbrücke hat Jan Boll, 54, nichts einzuwenden, ganz im Gegenteil. 14 Stunden täglich ist der Binnenschiffer aus Haren an der Ems normalerweise gemeinsam mit seiner Frau Maria, 50, unterwegs. Je mehr Kilometer, desto besser. Doch jetzt sitzen beide im strengen Winterwetter am Aue-Hauptdeich auf Finkenwerder fest. Wie die meisten Binnenschiffe ist auch die "Fighter", der 67 Meter lange Frachter der Bolls, nicht für die Eisfahrt ausgelegt.
Gefrorene Fahrwasser und erzwungene Liegezeiten sind Boll aus seinen dreieinhalb Jahrzehnten Arbeit auf Binnenschiffen hinreichend vertraut. Doch es schwingt Ärger mit, wenn er über die Wartezeit an der Schiffsbrücke berichtet. Denn für Flussschiffer wie ihn und seine Frau wird das Geschäft immer schwieriger. Die Kosten steigen, die Konkurrenz wächst. Und der Zustand der kleinen Flüsse jenseits der Hauptverkehrswege wird nicht unbedingt besser. Jeder Ausfalltag durch höhere Gewalt wie das Wetter kostet Geld und damit ein Stück Existenz.
Die Binnenschifffahrt betreibt Boll in fünfter Generation. Wie es aussieht, wird er in seiner Familie der Letzte sein, der als Kapitän und zugleich als Eigner Ladung transportiert. Sein Sohn will die Reihe nicht fortsetzen. Boll kann das verstehen, obwohl er es bedauert. Man spürt, dass er den Norden liebt, die Flüsse, die Kanäle, die Küsten. Das ist sein Revier von Jugend an.