Zwar hat die Deutsche Bank im letzten Quartal des vergangenen Jahres 351 Millionen Euro Verlust gemacht – nach Steuern steht sie aber wieder als Gewinnbringer da und macht ein Plus von 186 Millionen Euro, wie die am Donnerstag vorgelegten Zahlen zeigen. Als Deutsche-Bank-Vorstandsvorsitzender musste Ackermann stets mit allen Wassern gewaschen sein. Damit machte er sich viele Feinde.
Frankfurt/Main. Bis Ende Mai noch, dann hat Josef Ackermann es geschafft. Den Endspurt beginnt er mit einem Bilanztrick: Zwar hat die Deutsche Bank im letzten Quartal des vergangenen Jahres 351 Millionen Euro Verlust gemacht – nach Steuern steht sie aber wieder als Gewinnbringer da und macht ein Plus von 186 Millionen Euro, wie die am Donnerstag vorgelegten Zahlen zeigen. Als Deutsche-Bank-Vorstandsvorsitzender musste Ackermann stets mit allen Wassern gewaschen sein. Damit machte er sich viele Feinde. Schon wieder „ziert“ sein Konterfei diese Woche den „Spiegel“-Titel, gemeinsam mit einem seiner beiden Nachfolger, dem Investmentbanker Anshu Jain. Überschrift: die Zocker AG.
Auch sonst hat sich der Spitzenbanker in den zehn Jahren seiner Amtszeit häufig genug zur Zielscheibe gemacht. Sein Victory-Zeichen im Mannesmann-Prozess 2004 wird unvergessen bleiben. Die unbedachte Geste schadete dem Image der Deutschen Bank ebenso wie die berühmte Äußerung seines Vorvorgängers Hilmar Kopper. Der hatte zehn Jahre zuvor das Immobilien-Desaster des Pleitiers Jürgen Schneider als „Peanuts“ (Erdnüsse) bezeichnet.
Es wäre schön, auch einmal ein Danke zu hören, ließ sich Ackermann einmal vernehmen. Schließlich seien seine Leistungen recht vorzeigbar. Aber zumindest in der deutschen Öffentlichkeit wurde der Schweizer das Image des selbstherrlichen, einzig auf Gewinnmaximierung gepolten Managers nicht los.
Die kühle Ausstrahlung seiner Macht spürten viele. Im Jahr 2005 verkündete er einen Rekordgewinn und ließ, quasi im gleichen Atemzug, weltweit 6.000 Stellen bei dem Geldhaus streichen. Gegensteuern gelang nicht. Zum Bild des kalten Kapitalisten passte auch, dass er der Deutschen Bank ein Kapitalrenditeziel von 25 Prozent verordnete. Und auch die Geburtstagsparty, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum 60. Geburtstag Ackermanns 2008 im Berliner Kanzleramt gab, wurde von manchen Beobachtern als großmannssüchtig vermerkt. Als er sich fürs Fernsehen von einem Kamerateam um die Welt begleiten ließ, wollte Ackermann zeigen, dass er eigentlich ein mitfühlender Mensch ist. An Bettlern könne er „auch heute nicht“ vorbeigehen, ohne ihnen etwas zuzustecken. Indes: Der Deutsche-Bank-Chef geht nicht zu Fuß, er fährt in der gepanzerten Limousine. Das ist eine Lehre aus dem tödlichen RAF-Attentat auf den seinerzeitigen Bankchef Alfred Herrhausen im Jahr 1989.
Wie stark auch Ackermann inzwischen zur Hassfigur geworden ist, weit über die Grenzen Deutschlands hinaus, zeigte der versuchte Briefbombenanschlag im vergangenen Dezember. Die Verantwortung dafür übernahm eine Gruppe linker Anarchisten aus Italien. In der europäischen Schuldenkrise übernahm Ackermann als Kopf des internationalen Bankenverbandes die Sprecherrolle für die privaten Gläubiger. Federführend war er daran beteiligt, den Schuldenschnitt für Griechenland auszuhandeln. Aber auch hier: Widersprüchliches. Denn gleichzeitig bezeichnete er einen solchen Schuldenerlass als das „Öffnen von Pandoras Büchse“.
Als er zuvor maßgeblich am deutschen Bankenrettungsfonds mitgearbeitet hatte, dauerte es nicht lange, bis es wieder Kritik hagelte. Denn Tage später sagte er öffentlich, dass es für jeden Banker eine Schande sein müsse, sich aus dem Topf zu bedienen. Gerade bei der Commerzbank, die in der Krise teilverstaatlicht wurde und die ohnehin ewiger Zweiter im deutschen Bankenvergleich ist, tat das weh. Sein letztes Gefecht bei der Deutschen Bank hat Ackermann dann verloren. Er wird nicht mehr, wie nach langem internen Hickhack vorgesehen, Aufsichtsratsvorsitzender. Im Mai gibt er den Vorstandsvorsitz an eine Doppelspitze aus Jain und Jürgen Fitschen ab und zieht sich aus der Bank zurück.
Die einen sagen, das liege an Ermittlungen wegen angeblicher Falschaussagen im Kirch-Prozess – diesem langwierigen Zwist der Bank mit dem inzwischen verstorbenen Medienunternehmer Leo Kirch, das einst der damalige Vorstandssprecher Rolf Breuer ausgelöst hatte. Möglicherweise war der Rückzug aber auch der Einsicht geschuldet, dass es ihm als kontroversem Charakter nicht gelingen werde, die nötigen 25 Prozent im Aufsichtsrat für den sofortigen Wechsel auf den Platz des Chefkontrolleurs zusammenzubringen. Vielleicht sind aber die Gründe noch ganz andere: „Mein Golf-Handicap ist noch nicht dort, wo ich es haben möchte“, sagte er vor einiger Zeit auf die Frage, ob er nach dem Abschied vom Bankvorsitz denn loslassen könne.
(dapd).