Der Schritt von Facebook an die Börse habe Signalwirkung, sagte Thilo Müller, Geschäftsführer von MB Fund Advisory in Limburg. Es zeige, welcher Wert entstehe könne, wenn jemand eine sehr gute Idee habe und umsetze. „Aus dem Stand im Jahr 2004 gegründet, hat es Zuckerberg mit Kollegen dazu gebracht, eine Bewertung zu erreichen, die der von Siemens entspricht.“ Wenn man dies auf jeden einzelnen Nutzer herunterbreche, ergebe sich eine Bewertung von rund zehn Dollar je Facebook-Mitglied.
Berlin/Menlo Park. In acht Jahren vom Studentenprojekt zum Börsenkonzern: Facebook vernetzt mehr als 845 Millionen Menschen in aller Welt und wird jetzt auch ein Magnet fürs internationale Anlagekapital. Im harten Ringen um knappe Renditen will niemand das nächste große Ding verpassen. Facebook – und damit letztlich der riesige Berg der Daten aller Nutzer – ist ein Riesengeschäft.
„Soziale Netzwerke sind eine Zukunftsbranche und zur festen Anlageklasse geworden“, sagt Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank, einer Investmentbank in Frankfurt. Das Geschäftsmodell sei durchaus als solide und sinnvoll einzuschätzen. Allerdings sei der Markt nicht mehr so verzweifelt auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten vor einem Jahr. Damals ging bereits die Sorge vor einer neuen Internet-Blase um. Alles erinnerte an die Zeit der Jahrtausendwende, als neugegründete Internet-Firmen die Anleger verlockten, immer mehr Geld in Startup-Unternehmen zu stecken. Doch etliche von ihnen hatten nicht viel mehr zu bieten als Zukunftsvisionen. Damals platzte die Blase – und belastete die junge Internet-Branche über mehrere Jahre hinweg.
Jetzt überwiege bei den Anlegern eine realistischere Betrachtungsweise und der Blick auf die fundamentalen Wirtschaftsdaten, erklärt Halver im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. „Es ist immer gesund, wenn die Bäume nicht zu sehr in den Himmel wachsen – auch für die weitere Entwicklung von Aktien.“ Als „Stil-Ikone insbesondere für junge Leute“ habe die Börseneinführung von Facebook zwar auch eine emotionale Komponente. „Ich habe aber den Eindruck, dass die Gesellschaft selbst daran interessiert ist, dass sie einen vernünftigen Börsengang macht, um die Nachhaltigkeit zu unterstreichen.“
Der Schritt von Facebook an die Börse habe Signalwirkung, sagte Thilo Müller, Geschäftsführer von MB Fund Advisory in Limburg, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Es zeige, welcher Wert entstehe könne, wenn jemand eine sehr gute Idee habe und umsetze. „Aus dem Stand im Jahr 2004 gegründet, hat es Zuckerberg mit Kollegen dazu gebracht, eine Bewertung zu erreichen, die der von Siemens entspricht.“ Wenn man dies auf jeden einzelnen Nutzer herunterbreche, ergebe sich eine Bewertung von rund zehn Dollar je Facebook-Mitglied.
Allerdings sieht Müller auch mögliche Grenzen der Facebook-Dynamik
- zum einen in der absehbaren Sättigung bei den Nutzerzahlen, zum anderen in der anhaltenden Datenschutzproblematik. Facebook werde künftig mit der Erwartung konfrontiert sein, „stetig gute Quartalszahlen hinterherzuschieben, um diese Bewertung zu rechtfertigen“.
Bei der Marktforschungsfirma Gartner sagt Experte Michael Gartenberg, die Erwartungen an den Börsengang seien sehr hoch. Gründe seien nicht nur die große Popularität und der allgemeine Hype um das Unternehmen, sondern auch der Aufstieg der Sozialen Medien als Kanal, um die Verbraucher zu erreichen. Die wichtigste Folge des Börsengangs aber werde sein, dass Facebook künftig Wirtschaftsdaten veröffentlichen müsse, die das Unternehmen bislang streng unter Verschluss gehalten habe, betont Gartenberg. Damit stehe Facebook künftig unter einer ganz anderen Art von Beobachtung als bisher.
Beim Blick auf die fundamentalen Daten von Facebook stellt sich die Frage: Wie kann Facebook die enorme Reichweite von 845 Millionen Nutzern in Einnahmen ummünzen, die den hohen Erwartungen der Investoren gerecht werden? Die endgültige Antwort darauf steht noch aus.
Google hat es leichter, die Aufmerksamkeit der Nutzer zu vermarkten: Wenn jemand die Suchmaschine anwirft, kann die Firma leicht die passenden Anzeigen schalten. Wer bei Facebook ist, hält dagegen eher einen Plausch. „Werbung in Sozialen Netzwerken ist so, als ob man bei einer Party Plakate aufhängt und Vertreter sich unter die Menge mischen“ – so hat das Fachportal „Business Insider“ das Geschäftsmodell einmal erklärt.
Facebook schaltet bereits gezielte Werbung, ausgerichtet an Geschlecht, Alter oder Wohnsitz. Klassische Banner sind eine andere Möglichkeit – auf dem US-Markt ist Facebook bereits der führende Anbieter für diese Werbeform.
Neben den Werbebannern probiert Facebook verschiedene andere Ansätze aus. Das Unternehmen vermarktet Gutscheine – Nutzer können sie bekommen, wenn sie beispielsweise in einem Restaurant oder einem Kino „einchecken“. Wenn Spieleanbieter wie Zynga von den Nutzern Geld kassieren – etwa damit sie ihre „Farmville“-Äcker schneller bestellen können, erhält das Netzwerk einen Anteil. Die Einnahmen über Zynga machen immerhin 12 Prozent des Facebook-Umsatzes von 3,7 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr aus.
Seit kurzem tauchen im Aktivitätenticker von Facebook auch „gesponsorte Meldungen“ auf. Dabei bleibt es wohl nicht: Nach einem Bericht des amerikanischen Technologie-Blogs Techcrunch arbeitet Facebook an einem neuen System für nutzerbezogene Werbung. Über neue Anwendungen können Nutzer kundtun, was sie gerade hören, lesen oder sich anschauen – oder was immer auch sonst sie tun. Demnach könnte eine Anzeige gezielt allen gezeigt werden, die zum Beispiel einen Song von Lady Gaga oder gehört haben.
Der Facebook-Börsengang zeige, so sagt Aktienmarktstratege Müller, wie viel Wert jemand entfalten könne, der eine sehr gute Idee habe. Es bleibe aber die Frage: „Was passiert, wenn die Leute keine Lust mehr auf Facebook haben?“