Man dürfe die Insolvenz und das Ausscheiden aus der Eurozone nicht herbeireden. „Aber man muss auch diesen Fall einkalkulieren.“ Für Steinbrück steht fest: „Es dürfte sehr schwierig werden, die Konsolidierungsziele in Griechenland zu erreichen. Die Europäer werden die vereinbarten Voraussetzungen zurechtbiegen müssen, um den nächsten 130-Milliarden-Euro-Schirm zu bewilligen.“

Berlin/Athen. Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bezweifelt, dass das finanziell angeschlagene Griechenland zu retten ist. „Als deutscher Finanzminister würde ich mich auf einen Plan B vorbereiten“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Montag). Man dürfe die Insolvenz und das Ausscheiden aus der Eurozone nicht herbeireden. „Aber man muss auch diesen Fall einkalkulieren.“ Für Steinbrück steht fest: „Es dürfte sehr schwierig werden, die Konsolidierungsziele in Griechenland zu erreichen. Die Europäer werden die vereinbarten Voraussetzungen zurechtbiegen müssen, um den nächsten 130-Milliarden-Euro-Schirm zu bewilligen.“

Die Lage in Griechenland wird heute (Montag) auch ein Thema beim Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel sein. Das Land ringt derzeit mit seinen Gläubigern um einen teilweisen Schuldenerlass. Der Sondergipfel will aber vor allem darüber beraten, wie sich das Wirtschaftswachstum in Europa ankurbeln lässt. Außerdem sollen die Staats- und Regierungschefs den Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin billigen und den neuen Rettungsschirm für kriselnde EU-Länder (ESM) in Höhe von 500 Milliarden Euro genehmigen.

Der stellvertretende Fraktionschef der europäischen Konservativen, Manfred Weber (CSU), hält einen größeren Beitrag Deutschlands zum Euro-Rettungsschirm ESM für denkbar. Es sei zwar wichtig, dass sich die Krisenstaaten zunächst selbst bemühten ihre Schulden abzubauen, sagte er dem „Donaukurier“ (Montag). „Wenn dann aber mehr Stabilität im Eurosystem nötig ist, dann muss Deutschland immer wieder neu abwägen.“ Finanziell wäre ein größerer Beitrag Deutschland aus Webers Sicht möglich: „Die Belastungsfähigkeit Deutschlands ist noch nicht überschritten.“

Steinbrück übte scharfe Kritik am Krisenmanagement von Kanzlerin Angela Merkel (CDU): „Sie hat seit 2010 viele Pirouetten gedreht und häufig Positionen gewechselt. Die Kanzlerin hat viele verunsichert, Zeit vertan und die Infektionsgefahren in der Euro-Krise erhöht.“ Steinbrück sagte über Merkel weiter: „Sie versucht, ihr Durchwursteln im Nachhinein zur gloriosen Strategie umzudeuten. Das ist abwegig.“ Das Krisenmanagement in der Eurokrise habe stets drei Fehler gehabt: Zu wenig, zu spät und zu ungefähr statt präzise.

Der Chef der Liberalen im EU-Parlament, der frühere belgische Premier Guy Verhofstadt, sieht in dem von Merkel vorangetriebenen Fiskalpakt keine Antwort auf die Schuldenkrise. „Der Fiskalpakt ist keine Lösung. Das allermeiste, das der Pakt vorsieht, ist bereits heute Gesetzgebung. Bis die Frage nicht beantwortet ist, wie die Regierungen in Italien oder Spanien wieder zu annehmbaren Konditionen an Geld kommen, kommen wir aus der Krise nicht heraus“, sagte er der Zeitung „Die Welt“ (Montag).

Der Linke-Vorsitzende Klaus Ernst forderte die Kanzlerin auf, sich öffentlich vom deutsch-französischen Vorschlag zu distanzieren, die Kontrolle über den griechischen Staatshaushalt einem EU-Kontrolleur zu übertragen. „Der Vorschlag, in Griechenland einen Sparkommissar einzusetzen, ist geschichtsvergessen. In Griechenland erinnern sich die Menschen bei solchen Vorschlägen, gerade wenn sie aus Deutschland kommen, ganz automatisch an den dunkelsten Teil ihrer Geschichte.“ Auch wenn es niemand beabsichtigt habe, aber die Griechen erinnerten sich unwillkürlich daran, unter welchen Bedingungen Deutschland vor rund 70 Jahren zum letzten Mal Kommissare in ihrem Land einsetzte.

Der Vorschlag führe zu einer dramatischen Destabilisierung der Lage in Griechenland, warnte Ernst. „Das ist ein innenpolitischer Sprengsatz, der sofort entschärft werden muss, wenn er nicht zu gewaltigen Verheerungen für die europäische Idee führen soll.“ # dpa-Notizblock * * * * Die folgenden Informationen sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt

(abendblatt.de/dpa)