Brüssel. In Athen wird wieder um den griechischen Schuldenschnitt gepokert. Am Tisch sitzen die Banken und Fonds auf der einen Seite, Athen auf der anderen, und im Hintergrund zieht Berlin an den Strippen. Der Einsatz ist hoch. Ohne Einigung bis zum Ende des Monats droht den Hellenen der Euro-Infarkt. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Worüber wird verhandelt?
Bei der Rettung Griechenlands gibt es noch viele Baustellen. Das übergeordnete Ziel: Die Schuldenlast der Hellenen soll bis 2020 von 170 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt werden, damit das Land an den Markt zurückkehren kann. Dafür müssten Banken und Fonds auf die Hälfte der ausstehenden Schuld verzichten, rund 100 Milliarden Euro. Für die verbleibenden 100 Milliarden Euro sollen sie Athen neue, billige Kredite geben, die von den Euroländern mit 30 Milliarden Euro abgesichert werden. Zusätzlich soll Athen aus dem Rettungsfonds EFSF 100 Milliarden Euro Finanzhilfe bekommen.
Und worüber wird gestritten?
Vor allem über die Zinsen, die die Banken für ihre neuen Griechenland-Kredite erhalten sollen. Der Privatsektor verlangte zunächst mehr als fünf Prozent. Vor allem in Deutschland wollte man aber deutlich weniger als drei Prozent zugestehen. Denn je höher die Zinsen, desto geringer sinkt die griechische Verschuldung. Es geht um die Kosten, die Athen für seine nach dem „Haircut“ verbleibenden Schulden zahlen muss.
Wie stehen die Chancen auf eine Einigung?
Noch wird erbittert gepokert. Aus Bankenkreisen wurde vermeldet, ein Deal mit Zinsen zwischen vier und fünf Prozent rücke näher. Der griechische Ministerpräsident Lukas Papademos warnte postwendend, womöglich müsse man die Banken doch zu einem Schuldenschnitt zwingen. Denn wenn sich nicht ausreichend Institute freiwillig beteiligen, klafft am Ende eine erhebliche Finanzierungslücke. Und dass Berlin oder Paris auf die von ihnen angebotenen 130 Milliarden Euro noch eine Schüppe drauflegen, gilt als politisch selbstmörderisch. „Merkel und Sarkozy können ja nicht mit der Begründung mehr Geld geben, dass einige Hedgefonds auf die Rückzahlung ihrer gesamten Kredite beharren“, sagt Schuldenfachmann Guntram Wolff vom Brüsseler Thinktank Bruegel. „Ich fürchte, es wird ohne Zwang nicht gehen.“
Was bedeutet das?
Die griechische Regierung könnte beschließen, alle laufenden Anleihenverträge rückwirkend um Verlustklauseln zu ergänzen. Wenn Athen sich in einem zweiten Schritt für bankrott erklären muss, könnten alle Investoren letztlich zu Abschreibungen über die 50 Prozent hinaus gezwungen werden. Das wiederum hätte die Konsequenz, dass Kreditausfallversicherungen (CDS) fällig würden, mit denen sich Anleger gegen einen Schuldenschnitt abgesichert haben. „Wozu genau das führt, weiß niemand“, warnt Experte Wolff. „Denn die Aufsichtsbehörden wissen nicht, welche Banken oder Versicherungen dann zahlen müssten und daran womöglich zusammenbrechen würden.“ Das Risiko ist ein Trumpf, mit dem die Banken in den laufenden Verhandlungen hoch reizen können.
Wie lange kann das Pokern noch weitergehen?
Die Banken und Brüssel dringen auf eine rasche Einigung in den kommenden Tagen. In Berlin hat man es dagegen nicht eilig. Denn erst seit Montag ist die Troika wieder in Athen. Und die Experten von Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission müssen in den kommenden Tagen diagnostizieren, wie groß die Not der Hellenen ist. Wenn der Deal mit dem Privatsektor schon feststeht, die Troika aber eine zusätzliche Milliardenlücke entdeckt, dann säßen die Euro-Länder in der Zwickmühle. Dann müssten sie entweder den Euro-Tropf noch weiter aufdrehen – oder die Notoperation endgültig für gescheitert erklären. Dann würde Athen noch bis zum März dem Euro-Infarkt entgegenzucken, wenn 14,5 Milliarden Euro Schulden fällig werden – und einfach nicht bezahlt werden könnten.