Das Thema war Chefsache und hochgeheim: Nun ist die Katze aus dem Sack. Der größte deutsche Energiekonzern Eon wagt den Sprung nach Lateinamerika.
Düsseldorf. Das neue Zugpferd im Eon-Konzern heißt Brasilien. Mit dem Aufbau eines Gemeinschaftsunternehmens im fünftgrößten Land der Erde soll das schwächelnde Energiegeschäft des größten deutschen Strom- und Gaskonzerns wieder angekurbelt werden. Gemeinsam mit dem inländischen Versorger MPX werde Eon ein Joint Venture gründen, das Projekte zur Stromerzeugung in Brasilien und Chile mit einer Gesamtkapazität von 20 000 Megawatt weiterverfolgen und Handelsaktivitäten aufbauen soll, teilten Eon und MPX am Mittwoch mit. Eon werde sich zudem mit 10 Prozent an MPX beteiligen und rund 350 Millionen Euro investieren.
In einer Telefonkonferenz sprach Konzernchef Johannes Teyssen von einem „Meilenstein“. „Eon kommt damit einen ganz wesentlichen Schritt bei der Umsetzung seiner internationalen Expansionsstrategie voran“. Vor gut einem Jahr – einige Monate vor der Reaktorkatastrophe in Fukushima und der anschließenden Atomwende in Deutschland – hatte der Vorstandschef angekündigt, in Märkte außerhalb Europas einzusteigen, um vom stärkeren Wachstum zu profitieren.
MPX sei für Eon mehr als nur eine gute Möglichkeit zum Einstieg in den brasilianischen Markt, sagte Teyssen. Durch das Joint Venture werden Eon und MPX mit einem Schlag zu einem führenden Spieler auf dem brasilianischen Energiemarkt. Die Partnerschaft werde für beide erheblichen Wert schaffen – „sowohl bei konventioneller Erzeugung als auch bei Erneuerbaren Energien“, unterstrich Teyssen.
Die MPX Energia S.A. ist aktiv in der Stromerzeugung, dem Betrieb von Kohleminen und der Förderung von Erdgas in Südamerika. Mit geplanten Projekten von insgesamt 14 000 Megawatt will das zur EBX-Gruppe gehörende Unternehmen zu einem führenden privaten Stromerzeuger in Brasilien aufsteigen. Dessen Eigentümer ist der Milliardär Eike Batista, der zu den reichsten Männern der Welt gehört. Und der sprach von einer „bedeutsamen strategischen und in hohem Maße wertschöpfenden Partnerschaft“.
Das neue Joint Venture werde für alle Kohle- und Gaskraftwerksprojekte sowie Vorhaben im Bereich der Erneuerbaren Energien verantwortlich sein, hieß es weiter. Die bereits vorhandenen Projekte mit rund 11 000 Megawatt Erzeugungskapazität seien die Basis für das Erreichen einer bedeutenden Position in einem der weltweit am schnellsten wachsenden Energiemärkte. Teyssen deutete an, dass Eon sich auch noch in anderen Schwellenländern engagieren könnte. Genannt wurden in der Vergangenheit immer wieder Indien und die Türkei. Teyssen: „Über Indien sprechen wir, wenn die Zeit reif ist“.
In Brasilien treibt vor allem das Wirtschaftswachstum die Nachfrage und den Ausbau von Kapazitäten mit entsprechenden Investitionen an. Im Strombereich kommt nach Angaben der Deutschen Energieagentur dena mehr als 70 Prozent der Erzeugung aus Wasserkraft. Im Hintergrund habe sich der Windmarkt zudem zu einem der dynamischsten Sektoren entwickelt mit einer installierten Kapazität bis 2012 von 2750 Megawatt.
Eon fehlen nicht erst seit der Atomwende im vergangenen Jahr in Deutschland und auf den europäischen Märkte klare Wachstumsperspektiven. Durch das Abschalten von Atommeilern und ein schwieriges Gasgeschäft brechen dem Unternehmen die Gewinne weg. Hinzu kommen Auflagen der Regulierungsbehörden. Unter anderem mit einem Sparkurs, Stellenabbau und Verkäufen von Beteiligungen steuert der Vorstand dagegen. Gleichzeitig nimmt Eon Wachstumsregionen, wie jetzt Brasilien, stärker ins Visier. Und meldet jetzt Vollzug