Im Streit mit Ungarn kann die EU auf verschiedene Druckmittel zurückgreifen – und könnte Ungarn im EU-Rat sogar die Stimmrechte entziehen.

Brüssel. Die Auseinandersetzung der EU mit Ungarn gewinnt an Schärfe. Im Streit mit der rechtskonservativen Regierung von Premier Viktor Orbán hat die EU mehrere Druckmittel zur Verfügung.

Finanzhilfen

Der ungarische Staat ist knapp bei Kasse und will Finanzhilfen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF). Gespräche über Notkredite wollen die beiden Geldgeber jedoch erst weiterführen, wenn Zweifel an der Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank beseitigt sind. Ungarn ist auf die Mittel dringend angewiesen: Für Staatsanleihen findet das Land am Geldmarkt derzeit kaum Käufer – nach Ansicht von Analysten wegen Ungarns Schwierigkeiten, sich mit EU und IWF zu einigen.

Strafzahlungen

Der „Klassiker“ im Instrumentenkasten der EU-Kommission sind Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge. Sie drohen, wenn ein Land gegen europäisches Recht verstößt oder EU-Gesetze nicht in nationales Recht umsetzt. Wenn die EU-Kommission ein Land vor den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg bringt, können Strafzahlungen fällig werden. Sie sind von Fall zu Fall unterschiedlich hoch. Im Fall Ungarn könnte es einem EU-Beamten zufolge frühestens im Sommer soweit sein.

Entzug von Stimmrechten

Im schlimmsten Fall können dem Land die Stimmrechte im Kreis der EU-Staaten (Rat) entzogen werden. So sieht es Artikel 7 der EU-Verträge vor. Die Hürden allerdings sind hoch: Bevor es dazu kommt, muss der Rat „eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung“ der EU-Grundrechte wie Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit feststellen. Dies kann der Rat nur einstimmig tun – unter Ausschluss des betroffenen Landes. Dass eine solche Mehrheit gegen die rechtskonservative ungarische Regierung zustande kommt, ist aber fraglich. (dpa/abendblatt.de)