Pharmafirmen in Deutschland nehmen den Blutverdünner Clopidogrel nun doch vom Markt. Nachdem sich bereits Konkurrenten in mehreren EU-Ländern zu diesem Schritt entschieden, ziehen nun auch die Generikahersteller Acino, Hexal und Ratiopharm nach. Ein Zulieferer erfüllt die nötigen Standards nicht.
Die Pharma-Unternehmen Acino, Hexal und Ratiopharm rufen das Medikament Clopidogrel zur Blutverdünnung zurück. Ein indischer Zulieferer erfüllt nach Angaben der Firmen die Standards bei der Herstellung der Zutaten nicht. „Obwohl die zuständige Überwachungsbehörde bislang keinen entsprechenden Schritt angeordnet hat, nimmt Hexal freiwillig die betroffenen Chargen vom Markt“, teilte die deutsche Firmentochter des Baseler Pharmakonzerns Novartis mit.
Hexal und Ratiopharm sind die Vertriebspartner der Schweizer Acino. Eine Gefährdung der Patienten durch die Einnahme von Clopidogrel-Präparate soll es aber nicht geben.
Betroffen von der Rückrufaktion sind ausschließlich die Blutverdünner, die das Produkt Clopidogrelbesilat des indischen Lieferanten Glochem Visakhapatnam enthalten. In seinen Produktionsstätten hatten die Gesundheitsbehörden Mängel festgestellt, die zum Teil als schwerwiegend eingestuft wurden.
Allerdings soll es sich dabei nicht um Verunreinigungen oder ähnliche Fehler gehandelt haben, sondern um formale Verstöße gegen Produktionsstandards. Die zuständige EU-Behörde EMEA empfahl daraufhin dennoch den Rückruf des Blutverdünners.
Clopidogrel ist ein Nachahmermedikament des Blutverdünners Plavix des Pharmariesen Sanofi-Aventis, das unter anderem bei Herzinfarkten eingesetzt wird.
Deutschland ist für Acino der wichtigste Markt für seinen Blutverdünner. Rund 25 Mio. Euro des weltweiten Clopidogrel-Umsatzes von rund 40 Millionen Euro fallen in der Bundesrepublik an.
Der freiwillige Rückruf der noch im Handel befindlichen Packungen ist der vorläufige Höhepunkt eines verwirrenden Zuständigkeitsstreits zwischen der EU und den nationalen Gesundheitsbehörden. Denn während die EMEA den Rückruf der zentral zugelassenen Clopidogrel-Präparate empfohlen hatte, folgten diesem Aufruf nur einige EU-Mitgliedsländer, etwa Belgien, Frankreich, Spanien und Ungarn.
In Deutschland hingegen entschieden sich die zuständigen Behörden noch Anfang April gegen einen Rückruf, da es keine Hinweise auf eine Patientengefährdung gebe, sagte ein Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Wenig später jedoch setzte die Behörde die Zulassung aus. Damit durfte das Medikament nicht weiter verkauft und ausgeliefert werden.
Die unterschiedlichen Vorgehensweisen innerhalb der EU hatten in den letzten Tagen zu großer Verunsicherung bei Patienten, Ärzten und Apothekern geführt. Auslöser war die Art der Überprüfung des indischen Wirkstofflieferanten Glochem. Die EMEA wirft Acino vor, dass der Herstellungsprozess bei dem Unternehmen, an dem die Schweizer beteiligt sind, nicht vorschriftsgemäß dokumentiert wurde.
Nach Darstellung der Behörden gab es aber keine konkreten Hinweise auf Qualitätsmängel, die zu einer Gefährdung der Patienten führen könnten. Daher will Hexal an dem Produkt festhalten, wird aber Clopidogrel nun mit einem anderen Zulieferer herstellen.