Der Schritt zur Einführung der Abgabe sei in keiner Weise ausreichend. Die Bankenlobby habe ihre Interessen deutlich durchgesetzt.

Hamburg/Berlin. Der Vorsitzende des DGB, Michael Sommer, hat die von der Bundesregierung beschlossene Bankenabgabe massiv kritisiert. „Die Maßnahme der schwarz-gelben Koalition ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte Sommer dem „Hamburger Abendblatt“ (Donnerstag-Ausgabe). An den Risikogeschäften der Banken am Finanzmarkt werde sich auch mit Einführung der Abgabe nichts ändern. „Die Bankenabgabe taugt nicht als präventive Maßnahme gegen künftige Finanzkrisen.“ Zudem kritisierte Sommer den zu geringen Umfang der Zahlungen durch die Banken in den gemeinsamen Notfall-Topf. „Das Volumen der Bankenabgabe ist ein Witz“, sagte Sommer.

Der Schritt der Bundesregierung zur Einführung der Abgabe sei in keiner Weise ausreichend. „Es wird deutlich, dass sich die Bankenlobby mit ihren Interessen bei der Regierung durchgesetzt hat“, sagte Sommer. Der Bundesvorsitzende bekräftigte dagegen die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes nach einer Finanztransaktionssteuer. „Dies ist der richtige Weg, die Spekulationen im Finanzsektor einzudämmen und die Banken an den Kosten für die Krise zu beteiligen“, sagte Sommer dem „Hamburger Abendblatt“.

Die Bundesregierung hat am Mittwoch die neue Strafgebühr für alle Institute und schärfere Regeln auf den Weg gebracht. Die Opposition sieht die Pläne als Manöver der schwarz-gelben Koalition, um vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen beim Wähler zu punkten. Die Wirtschaft warnt vor einer Kreditklemme. Die Opposition fürchtet, dass die Banken ihre Kosten auf die Verbraucher abwälzen. Deutschland und Frankreich wollen sich für eine EU-Lösung stark machen.

Zunächst will die Bundesregierung die Gebühr aber allein einführen und Versicherer verschonen. Paris will alle Finanzmarktakteure zur Kasse bitten. Wirtschaftsministerin Christine Lagarde hält auch eine Steuer auf Börsengeschäfte für möglich. Sie nahm am Mittwoch als erstes französisches Regierungsmitglied an einer Kabinettssitzung im Berliner Kanzleramt teil.

Die Bundesregierung beschloss die Eckpunkte für die Bankenabgabe. Zusätzlich soll der Staat neue Werkzeuge bekommen, um sich von Großbanken nicht mehr erpressen zu lassen. Zudem wird die Haftung von Banken-Managern verschärft. Ein Gesetzespaket soll bis Mitte Juli fertig sein. Im April legt der Internationale Währungsfonds (IWF) Vorschläge vor. US-Präsident Barack Obama will bis Jahresende Erfolge sehen.

Die Opposition spricht von einer Mogelpackung und setzt sich für eine Steuer auf alle Börsengeschäfte ein. Dafür gibt es international bisher keine Mehrheit. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte, die Abgabe müsste viel höher sein. Schließlich steckten die Banken auch Unsummen in Bonus-Zahlungen für ihre Manager. Gesine Lötzsch von der Linken sagte: „Die Eckpunkte dienen dazu, den Wählern in Nordrhein- Westfalen eine Aktivität der schwarz-gelben Koalition vorzugaukeln.“

Auch Grünen-Chef Jürgen Trittin kritisierte, die Banken kämen viel zu gut weg: „Die Banken werden nach diesen Plänen nichts zu den Kosten der aktuellen Krise beitragen, die die Steuerzahler bis heute über 100 Milliarden Euro gekostet hat.“

Der Bankenverband BdB unterstützt grundsätzlich die Pläne, forderte aber die Einbeziehung aller Finanzmarktakteure – auch der Versicherer, Hedge-Fonds und anderer Kapitalsammelstellen. Zudem dürfe das Volumen des Fonds die Finanzwirtschaft nicht überfordern. Der Industrieverband BDI erklärte, die Firmen dürften nicht die Leidtragenden der schärferen Vorgaben sein: „Wir können uns angesichts der Fahrt aufnehmenden Konjunktur keine Kreditklemme leisten.“

Berlin und Paris wollen künftig vor allem riskante Geschäfte eindämmen und verhindern, dass einzelne Großbanken die ganze Wirtschaft gefährden. In einer gemeinsamen Erklärung stellten Schäuble und Lagarde Pläne vor, wie angeschlagene Banken umgebaut oder abgewickelt werden können. Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP), die mit Schäuble die Eckpunkte entwickelte und mit ihm nun ein Gesetz erarbeitet, nannte es als Ziel, ungeordnete Insolvenzen wie im Fall der US-Bank Lehman Brothers zu verhindern.

Schäuble will ausschließen, dass Banken die Abgabe von der Steuer absetzen. Ziel sei, dafür eine saubere verfassungsrechtliche Begründung zu finden: „Wir sind da mitten in der Prüfung.“ Sollte es eine europäische Lösung für alle Finanzmarktakteure geben, ist Schäuble auch zu Anpassungen bei der deutschen Abgabe bereit.

In den neuen Krisenfonds sollen nach derzeitigen Plänen jährlich bis zu 1,2 Milliarden Euro fließen. Die Höhe der Abgabe richtet sich auch nach dem Risiko, das eine Bank bei Geschäften eingeht. Den Löwenanteil mit rund 900 Millionen Euro sollen nach bisherigen Berechnungen die privaten Banken tragen. Zahlen müssen auch öffentlich-rechtliche Landesbanken, Sparkassen und Volksbanken. Mit der aktuellen Finanzkrise vergleichbare Banken-Schieflagen könnten mit den Einnahmen aus der Abgabe nicht abgewendet werden. Dazu sagte Schäuble: „Am besten leisten wir uns eine solche Krise überhaupt nicht mehr.“