In der EZB ist ein offener Streit über den von Deutschland forcierten Europäischen Währungsfonds (EWF) ausgebrochen.
Frankfurt. Das Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, Lorenzo Bini Smaghi, signalisierte am Dienstag überraschend deutlich seine grundsätzliche Unterstützung für einen EWF als weiteres finanzpolitisches Instrument in der Euro-Zone. Während Notenbank-Chef Jean-Claude Trichet sich bislang nicht komplett ablehnend zu der vor allem von Finanzminister Wolfgang Schäuble lancierten Idee geäußert hatte, kommt von EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark bis dato heftiger Widerstand. Auch Bundesbank-Chef Axel Weber ist nicht gerade begeistert von dem Vorschlag.
„Anfangs war es nur eine Abkürzung. Nun werden die Konturen deutlicher. Ich denke es ist wichtig, an solch einem Mechanismus zu arbeiten, damit er ganz bestimmten Anforderungen genügt“, sagte Bini Smaghi in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der niederländischen Wirtschaftszeitung „NRC Handelsblad“. „Was ich in der Presse an Statements des deutschen Finanzministers Schäuble gelesen habe, scheint sehr sinnvoll. Es muss jetzt noch weiter erklärt werden.“ Auch Trichet hatte vergangene Woche gesagt, er brauche für eine abschließende Bewertung des Vorstoßes mehr Details. Stark hatte vergangene Woche hingegen erklärt, ein EWF sei nicht vereinbar mit der Geschäftsgrundlage der Währungsunion und schädlich für den Euro. Er sagte am Dienstag vor EU-Parlamentariern in Brüssel, die Griechenland-Krise habe gezeigt, dass die Regeln in der Währungsunion gestärkt werden müssten.
Nicht wenige Notenbanker in Europa sehen in einem EWF ein untaugliches Werkzeug und befürchten, dass es von der Politik dazu missbraucht würde, um klammen Staaten unter die Arme zu greifen – auf Kosten der Steuerzahler. Luxemburgs Notenbankchef Yves Mersch hatte vergangene Woche erklärt, dass immer dann, wenn nicht genügend Geld vorhanden sei, die Fantasie ihre Blüten treibe. Er hatte damit indirekt seine Ablehnung eines solchen Fonds erklärt. Auch Bundesbank-Präsident Axel Weber hat sich bislang sehr skeptisch zu der EWF-Idee geäußert, einen eigenen Währungsfonds in Europa aber nicht grundsätzlich abgelehnt. Wenn überhaupt, dann dürfe eine solche Institution nicht dazu führen, dass Defizitsünder wie aktuell Griechenland am Ende Geld der Gemeinschaft für früheres Fehlverhalten bekämen.
In dieselbe Richtung argumentierte am Dienstag auch Bini Smaghi. Einerseits müsse der Stabilitäts- und Wachstumspakt besser umgesetzt werden und die Regeln sollten härter werden, forderte der Italiener. Ein Währungsfonds dürfe ebenfalls nicht zu einer Aufweichung der bestehenden Regeln in der Euro-Zone führen. „Es darf keine endgültigen Hilfen für einzelne Staaten mit dem Geld der Steuerzahler geben. Das wäre eine Verletzung des Vertrages“, machte Bini Smaghi klar. „Aber Hilfe könnte zeitlich befristet denjenigen Ländern zugesagt werden, die auch dann noch Unterstützung brauchen, wen sie alle von der Euro-Gruppe verlangten Maßnahmen umgesetzt haben.“
Die Finanzminister der Euro-Zone hatten am Montagabend in Brüssel die Weichen auf Hilfen für das hoch verschuldete Griechenland gestellt. Nach Darstellung Deutschlands hat es jedoch keinen Beschluss über konkrete Hilfen gegeben. Bini Smaghi forderte in einem ebenfalls am Dienstag veröffentlichten Gastbeitrag für die „Financial Times“ ein Sicherheitsnetz für Problemstaaten. Es sei zwar nützlich, den Druck auf in Finanznot geratene Staaten zu verringern, indem man die Hilfsmaßnahmen nur in einer „konstruktiven Unschärfe“ umreiße. Diese Strategie sei aber nur erfolgsversprechend, wenn ein Notfallplan dahinterstehe: „Falls jene, die die Entscheidung über Hilfsleistungen treffen sollen, am Ende nichts bieten können, bricht das ganze Konzept der 'konstruktiven Unschärfe' zusammen“, warnte Bini Smaghi.