Als traditionell starkes Rückgrat der Familien gewinnen die russischen Frauen auch in der patriarchalen Öffentlichkeit und männerdominierten Wirtschaft zunehmend an Bedeutung. Besonders die rohstofffernen Sektoren sowie die Finanzabteilungen der Konzerne gelten als Bastionen der Frauen.

Das russische Wirtschaftsmagazin „Finance“ hat ermittelt, welche Frauen in Russland über den größten Einfluss verfügen. Ins Auge springt, dass die Finanzkrise zu Rochaden geführt und viele neue Namen in die Top-50 gespült hat.

An deren Spitze allerdings ist alles stabil. Dort thront Jelena Baturina, Chefin des Mischkonzerns „Inteko“, Frau des Moskauer Bürgermeisters. Auf 2,2 Milliarden Dollar wurde ihr Vermögen auf der „Finance“-Milliardärsliste vor einem Monat geschätzt. Mit Einweggeschirr und Schalensitzen für Stadien begann ihr Aufstieg vor zwei Jahrzehnten. Anfang dieses Jahrtausends kontrollierte sie schon ein Viertel des Wohnungsneubaus in Moskau. 2005 verkaufte sie ihre Zementfabriken und investierte das Geld in Standardwerte wie Gazprom oder den Ölkonzern Rosneft. Wer die Kritik äußerte, sie verdanke ihren Erfolg den familiären Kontakten in die Politik, landete schon mal vor Gericht. Auch den krisenbedingten Kapitalverlust, Baturinas Vermögen soll laut Forbes-Journal im Jahr 2009 um drei Viertel geschrumpft sein, hat sie inzwischen fast wieder wettgemacht.

Aber auch jenseits von Baturina gibt es Selfmade-Frauen. Mit einem Vermögen von 450 Millionen Dollar hat sich Natalja Kasperskaja nach oben katapultiert. Als seinerzeitige Frau des Produzenten von Antivirusprogrammen für Computer, Jewegeni Kaspersky, hat sie den Verkauf des Erfolgsproduktes gemanagt. Heute betreibt sie mit „Infowatch“ auch ein eigenes Projekt im Bereich der Informationssicherheit. Platz drei kommt Olga Pleschakowa zu. Als Generaldirektorin führt sie die Fluglinie Transaero, die sie gemeinsam mit ihrem Mann aufgebaut hat. Nach Passagieraufkommen stieg Transaero im Vorjahr zur zweitgrößten Fluglinie des Landes hinter Aeroflot auf.


Der Einfluss der Frauen beruht nicht nur auf Geld und auf dem Verdienst, ein eigenes Unternehmen etabliert zu haben. „Finance“ hat daher als weitere Kriterien die Größe des Konzerns und die Position der betreffenden Frauen darin berücksichtigt. Demnach landeten auf den Listenplätzen drei bis zehn Frauen, die in den Großkonzernen entweder als Stellvertretende Generaldirektorin (Olga Sinovjevna in der Holding Interros), als Vorstandsmitglied (Tatjana Kusnezova bei der zweitgrößten Gasgesellschaft Novatek oder Lubov Hoba beim zweitgrößten Ölkonzern Lukoil) oder als Aufsichtsrat (Jelena Karpel bei Gazprom) tätig sind.


Viele der einflussreichsten Russinnen leiten wichtige Konzernabteilungen. Wie PricewaterhouseCoopers in einer Studie feststellte, sind zwar nur ein Zehntel der russischen Vorstandsvorsitzenden weiblich. Doch in anderen Ressorts sieht die Situation ganz anders aus.

Die Bereiche Buchhaltung, Human Ressources und Finanzabteilung lägen zu 93 beziehungsweise 70 und 48 Prozent in den Händen der Frauen. Eine ganz besonders Position nimmt Elvira Nabiullina ein. Die 46-Jährige hat es auf den Chefsessel des russischen Wirtschaftsministeriums geschafft, den sie nun bereits seit 2007 behauptet.

Das große Geld liegt jedoch in den Händen der Männer. Als reichsten Russen hat „Finance“ den Stahlbaron Wladimir Lisin mit 18,8 Milliarden Dollar ausgemacht. Selbst Baturina nimmt in diesem geschlechterübergreifenden Ranking nur Platz 47 ein.

Quelle: Welt Online