Vor 90 Jahren wurde der Gründer des Discounters Aldi, Karl Albrecht, geboren. Der ältere der beiden Aldi-Brüder, gilt als reichster Mann Deutschlands – ein Mann ohne Gesicht. Seit Jahren meidet er die Öffentlichkeit. Der Erfinder der kargen Einkaufsmärkte lebt zurückgezogen in Süddeutschland.
Karl Albrecht ist wie ein Phantom. Jeder weiß, dass es da einen Mann geben muss, der zusammen mit seinem Bruder Theo die Discounterkette Aldi gegründet hat und der laut der berühmten Forbes-Liste neben jenem Bruder der reichste Deutsche ist.
Dann aber hört es bei den meisten auch schon auf. Denn Karl Albrecht tut alles dafür, keine öffentliche Person zu sein. Er geht nicht zu Wohltätigkeitsveranstaltungen, obwohl ihm eine große Spendenfreudigkeit nachgesagt wird. Er geht nicht zu Branchentreffen, obwohl er als Erfinder des Discount-Prinzips den Einzelhandel revolutioniert und damit viel zu erzählen hat. Streng genommen kann so auch nur vermutet werden, dass Albrecht heute seinen 90. Geburtstag feiert.
Aus der Aldi-Zentrale gibt es dazu keinen Kommentar. So wie eigentlich immer, wenn die Presse Fragen rund um das Thema Aldi hat. "Wir behalten uns vor, aus grundsätzlichen Erwägungen strategische und unternehmenspolitische Fragestellungen nicht zu beantworten", lautet die Standardantwort für Journalisten.
Auf diesem Versteck- und Anonymitätsprinzip baut letztlich das gesamte Konzept des Einzelhändlers auf. Denn bis auf wenige Ausnahmen besteht das eingeschränkte Sortiment im Albrecht-Discount, wie Aldi mit vollem Namen heißt, aus No-Name-Produkten.
Zudem sind sämtliche Läden spartanisch eingerichtet, es gibt keine Dekoration, keine ranschmeißerischen Preisschilder und Sonderverkaufsecken. Selbst das Personal ist in den weltweit über 9100 Filialen auf das allernötigste reduziert.
Was zählt, ist allein der Preis. "Unsere ganze Werbung liegt im billigen Preis", sagte Karl Albrecht in seiner bislang einzigen öffentlichen Aussage in der Unternehmensgeschichte – aus dem Jahr 1953.
Mit ihrem Billig-Prinzip haben die Gebrüder Albrecht die Erfolgsgeschichte schlechthin in der Handelslandschaft der deutschen Nachkriegsgeschichte geschrieben. Der Werdegang erscheint dabei wie die Ruhrpott-Variante des amerikanischen Traums.
Karl Albrecht und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Theo wuchsen katholisch erzogen in ärmlichen Verhältnissen in Essen auf. Der Vater, ein Bergarbeiter, musste wegen einer Staublunge eine schlecht bezahlte Stelle in einer Brotfabrik annehmen. Damit die Familie nicht verhungerte, eröffnete die Mutter in Essen-Schonnebeck einen Krämerladen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen die beiden Brüder diesen Laden und machten daraus das Aldi-Imperium mit einem Bruttoumsatz von mittlerweile über 50 Milliarden Euro. Diese Zahl jedenfalls schätzt der Handelsinformationsdienst Planet Retail.
Das Billigpreis-Reich ist dabei schon seit Beginn der 60er-Jahre unterteilt in Aldi-Nord und Aldi-Süd. Als Trennungslinie fungiert dabei ganz grob die Ruhr, ein Nebenfluss des Rheins. Jubilar Karl Albrecht übernahm das Süd-Geschäft, zu dem heute unter anderem mehr als 1000 Filialen in den USA sowie die Hofer-Märkte in Österreich zählen.
Laut der jüngsten Ausgabe der Forbes-Liste soll es die Albrecht-Familie damit auf ein Vermögen von rund 17,35 Millliarden US-Dollar gebracht haben und damit auf knapp 500 Millionen mehr als der Clan um den "Nord"-Bruder Theo, der nicht minder öffentlichkeitsscheu ist.
Nur einmal standen die Brüder im Rampenlicht – als Theo Albrecht 1971 entführt wurde und erst gegen Zahlung eines Lösegeldes in Höhe von sieben Millionen Mark freigelassen wurde.
Dem Vernehmen nach hat Karl Albrecht die Geschicke von Aldi-Süd noch bis in die 90er-Jahre selbst bestimmt. Anschließend soll der westfälische Kaufmann noch bis 2002 den Aufsichtsrat geleitet haben. Mittlerweile wird das Unternehmen ausschließlich von familienfremden Managern geführt.
Dabei gibt es durchaus Verwandtschaft. Denn Karl Albrecht ist verheiratet mit Mia und hat mit Karl jun. und Beate, die heute Heister heißt, einen Sohn und eine Tochter. Hinzu kommen mittlerweile sechs Enkelkinder.
Nicht genau bekannt ist, wo der begeisterte Orchideenzüchter wohnt. Mögliche Gratulanten haben es also schwer, eine Karte zu adressieren. Mit Essen, Mülheim/Ruhr, Köln und Donaueschingen stehen gleich vier mögliche Residenzorte im Raum.
Der wahrscheinlichste ist offenbar Donaueschingen im Schwarzwald-Baar-Kreis im südwestlichen Baden-Württemberg. Angeblich lebt Albrecht vor den Toren des kleinen Städtchens in einem schlichten Bungalow, ganz in der Nähe des Nobelhotels Öschberghof.
Das schicke Golf- und Wellnesshotel, das nichts mit dem kargen Ambiente der Aldi-Läden gemein hat, soll wie auch der benachbarte Golfplatz dem hochbetagten Milliardär gehören.