Die Deutsche Bahn muss auf die Suche nach einem neuen Chefkontrolleur gehen. Fast ein Jahr, nachdem Hartmut Mehdorn als Vorstandsvorsitzender seinen Rücktritt erklärte, scheidet der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Müller aus. Hintergrund ist ein Machtkampf mit Verkehrsminister Ramsauer (CSU).

„Ich stehe für eine weitere Amtszeit nicht zur Verfügung“, sagte der gebürtige Essener Werner Müller zu WELT ONLINE. Schon bei der nächsten Aufsichtsratssitzung Ende März will der frühere Evonik-Chef das Kontrollgremium über seinen Rückzug informieren. Ende März wäre sein Vertrag ausgelaufen. Die Bundesregierung wurde nach seinen Worten bereits vor einigen Tagen über den geplanten Amtsverzicht in Kenntnis gesetzt.

Hintergrund des überraschenden Rückzugs des passionierten Klavierspielers Müller, der seit dem Jahr 2005 an der Spitze des Bahn-Aufsichtsrats steht, soll die fehlende Unterstützung von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sein. Bereits am vergangenen Montagabend bei einem informellen Treffen der Koalitionsrunde soll der bayerische Unionspolitiker sich unzufrieden mit der Amtsführung von Müller gezeigt haben und auf eine baldige Ablösung des früheren Wirtschaftsministers im ersten Kabinett von Gerhard Schröder (SPD) gedrängt haben.

Bemängelt wurde zuletzt auch von Verkehrspolitikern der Union, dass Müller dem ehemaligen Bahn-Chef Mehdorn zu lange freie Hand gelassen habe. Dies habe sich etwa während des wochenlangen Lavierens des Aufsichtsrats bei der Affäre um massenhafte Kontrollen von Mitarbeiterdaten gezeigt. Gemeinsam mit Mehdorns Nachfolger, Rüdiger Grube, setzte Müller andererseits zügig personelle und organisatorische Konsequenzen durch.

Müller, der mit dem Bahn-Vorstandsvorsitzenden Grube nach dessen eigenem Bekunden gut zusammengearbeitet hatte, kommt mit seinem Amtsverzicht nun der unfreiwilligen Ablösung zuvor. Der Rückzug des parteilosen Müller ist allerdings auch ein Rückschlag für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich in den letzten Jahren immer wieder hinter den Aufsichtsratsvorsitzenden der Bahn gestellt hatte.

Wer dem Volkswirt und Musikwissenschaftler Müller künftig als Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bahn AG folgen wird, ist derzeit noch völlig unklar. Sicher ist dagegen, dass die Entscheidung über den nächsten Vorsitzenden vergleichsweise zügig fallen muss – auf jeden Fall noch vor der nächsten Aufsichtsratssitzung.

Ob der ehemalige Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller an die Spitze rückt, wie gestern kolportiert wurde, ist offen. Mit den Vorgängen vertraute Kreise wollen zumindest nicht ausschließen, dass der Manager bei der nächsten Sitzung des Deutsche-Bahn-Kontrollgremiums am 24. März als Mitglied in den Aufsichtsrat des Berliner Unternehmens einziehen könnte.

Zumindest würde Klaus-Peter Müller, der inzwischen Präsident des Deutschen Verkehrsforums ist, dem Anforderungsprofil entsprechen. Denn, wie der extrem gut in Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften vernetzte Müller, sollte auch der nächste Chefkontrolleur der Bahn ein politisch denkender Manager sein.

Quelle: Welt Online