Laut Gewerkschaftschef Huber ist die Krise für Metall- und Elektroindustrie noch nicht ausgestanden. Reform der Hartz-Gesetze gefordert.

Frankfurt/Main. Schlüsselindustrie steckt in Schwierigkeiten: Die IG Metall hat die Bundesregierung wegen der befürchteten massiven Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt zum raschen Eingreifen aufgefordert. Sollten die Prognosen eintreten, seien dieses Jahr allein in der Metall- und Elektroindustrie bis zu 650.000 Arbeitsplätze in Gefahr, erklärte IG-Metall-Chef Berthold Huber.

Bislang sei das Schlimmste abgewendet worden. Vor allem die Kurzarbeit habe sich bei der Verhinderung von Massenentlassungen als wirksames Instrument erwiesen, derzeit befänden sich rund 700.000 Beschäftigte in Kurzarbeit. Doch je länger die Krise dauere, desto schwieriger werde ihre Bewältigung, sagte Huber. Die Metall- und Elektroindustrie mit ihren rund 3,4 Millionen Beschäftigten befinde sich in einer äußerst schwierigen Lage.

Der Gewerkschaftschef erneuerte seine Forderung nach einem öffentlichen Beteiligungsfonds, um Betrieben zu helfen, deren Eigenkapitalquote bedrohlich geschrumpft sei. Der Fonds solle Firmen mit nachhaltigen Zukunftskonzepten und guten Produkten Kapital zur Verfügung stellen. Dabei dürfe es kein Tabu für eine vorübergehende Beteiligung der öffentlichen Hand geben. Vor allem viele mittelständische Maschinenbauer stünden kurz vor der Insolvenz, Probleme habe mindestens jedes vierte Unternehmen.

„Wer Banken mit Milliarden hilft, kann sich nicht aus der Verantwortung für die Arbeitsplätze von Hunderttausenden Beschäftigten in den Industriebetrieben stehlen“, sagte Huber. Die Metall- und Elektroindustrie sei für den Wohlstand in Deutschland „von überragender Bedeutung“. Huber forderte auch Nachbesserungen bei der Kurzarbeit. Zwar sei sie zuletzt auf 18 Monate verlängert worden, doch stehe eine Verlängerung der Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen noch aus. „An dieser Stelle zu taktieren ist falsch, weil es verheerende Folgen für die Betriebe und ihre Bereitschaft hat, Kurzarbeit zu fahren.“ Die düsteren Prognosen für den Arbeitsmarkt müssten nicht eintreten: „Wir glauben, wenn alle zusammenarbeiten, kann man eine solche Erosion verhindern.“

Eine Lohnpause bei der anstehenden Tarifrunde werde es dennoch nicht geben: „Wir werden selbstverständlich mit den Arbeitgebern über Entgelterhöhungen sprechen.“ Der Schwerpunkt liege aber auf der Sicherung von Beschäftigung. Die IG Metall wolle den Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung auszuweiten, um Arbeitszeiten unter 30 Stunden zu ermöglichen, verlange aber einen teilweisen Lohnausgleich. Über den Stand und die Erfolgsaussichten der laufenden Gespräche mit den Arbeitgebern wollte sich der IG-Metall-Vorsitzende nicht äußern.

Umfassende Reform der Hartz-Gesetze gefordert

Huber forderte eine umfassende Reform der Hartz-Arbeitsmarktgesetze. Dringend nötig sei eine verlängerte Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I für diejenigen Betroffenen, die jahrzehntelang in die Sozialkasse einbezahlt und ohne eigenes Verschulden ihren Arbeitsplatz verloren hätten. Zugleich müsse das Schonvermögen erhöht werden, das Langzeitarbeitslose behalten dürfen, um etwa fürs Alter vorzusorgen. Huber verlangte zudem höhere Hartz-IV-Regelsätze, um mit der Entwicklung der Lebenshaltungskosten Schritt zu halten.

Der IG-Metall-Chef sprach sich für eine Ausweitung der Mitbestimmung aus, um unter anderem Betriebsverlagerungen ins Ausland nur zur Renditemaximierung zu verhindern. Schließungen oder Verlagerungen müssten künftig mit Zwei-Drittel-Mehrheit in den Aufsichtsgremien beschlossen werden. Zudem müssten Aufsichtsräte bereits ab 1.000 Beschäftigten zur Hälfte und ab 200 zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen.