Die deutsche Wirtschaft ist das zweite Quartal in Folge gewachsen, auch die Prognosen für 2010 sind besser als erwartet. Ist die Krise vorbei?

Berlin/Wiesbaden. Endlich: Die deutsche Wirtschaft wächst wieder, schon das zweite Quartal in Folge. Und auch für das nächste Jahr wird von den Konjunkturexperten eine positive Entwicklung erwartet.

Sind damit alle Probleme der durch die Finanzmarktkrise ausgelösten Rezession schon behoben? Nein, erklären die Fachleute. Nachfolgend die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie lang hat die Rezession gedauert?
Rezession herrscht nach der gängigen Definition, wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP), der Gesamtwert aller in einer Volkswirtschaft produzierten Waren und Dienstleistungen, zwei Quartale hintereinander zurückgeht. Bezugsgröße ist jeweils das Vierteljahr zuvor.

Nach dieser Definition steckte Deutschland seit dem dritten Quartal 2008 in der Rezession: Im zweiten Quartal sank das BIP um 0,6 Prozent, im dritten Quartal um 0,3 Prozent. Der Abschwung setzte sich beschleunigt fort: minus 2,4 Prozent im vierten Quartal 2008 und sogar minus 3,5 Prozent im ersten Quartal 2009. Ein ganzes Jahr also ist die Wirtschaft in Deutschland geschrumpft.

Ist die Wende geschafft?

Einiges spricht dafür. Zwei Mal hintereinander ist die Wirtschaft wieder gewachsen, um 0,4 Prozent im zweiten und um 0,7 Prozent im dritten Quartal. Die meisten Analysten erwarten ein weiteres Plus von etwa 0,7 Prozent auch für das Schlussvierteljahr. Die Ökonomen der BayernLB freilich glauben noch nicht an einen Aufschwung. Es handele sich lediglich um einen Jojoeffekt nach dem zum Teil auch durch Finanzierungsengpässe bedingten Einbruch der Exporte im letzten Winter.

Sind die vorherigen Einbußen schon ausgeglichen?

Nein. Die Wirtschaftsleistung liegt deutlich unter dem Vorjahresniveau, im dritten Quartal noch um 4,7 Prozent, im ersten Quartal um 6,4 Prozent und im zweiten Quartal um 7 Prozent. Auch wenn das BIP im vierten Quartal erwartungsgemäß noch einmal ordentlich zulege, werde die Wirtschaft am Jahresende erst ein Viertel des zuvor erlittenen Produktionseinbruchs aufgeholt haben, erklärte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Wie sind die Erwartungen für das Gesamtjahr?
Bankexperten und Wirtschaftswissenschaftler erwarten für 2009 insgesamt ein Schrumpfen des BIP, wenn auch nicht in dem bisher vorausgesagten Ausmaß. Statt eines Minus von etwa 6 Prozent erwarten Analysten nun einen Rückgang um insgesamt 4,8 bis 5 Prozent. Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nimmt in seinem am Freitag vorgelegten Jahresgutachten ein Minus von 5 Prozent an.

Wie ist die Prognose für 2010?

Für 2010 erwarten Analysten und Wissenschaftler einhellig eine weitere Besserung. Allerdings schwanken die Annahmen stark. So lagen Bankökonomen in ihren am Freitag veröffentlichten Kommentierungen zwischen 1 Prozent und 2 Prozent Wachstum. Der Sachverständigenrat rechnet mit 1,6 Prozent und ist damit optimistischer als die Bundesregierung, die zuletzt ein Plus des BIP von 1,2 Prozent voraussagte.

Wo liegen Probleme?

Analysten, aber auch die Europäische Zentralbank weisen immer wieder darauf hin, dass die weitere Entwicklung noch von großen Unsicherheiten geprägt ist, zumal wenn die staatlichen Konjunkturprogramme auslaufen. Für die deutsche Wirtschaft wäre vor allem ein weiteres Anziehen des Exports bedeutsam.

Zum Bremsklotz für die Konjunktur könnte der private Konsum werden, der schon im dritten Quartal nach den vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes rückläufig war. Zunehmende Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr und eine schwache Reallohnentwicklung 2010 könnten den Konsum weiter dämpfen.