Zwischen den drei Giganten für günstige Lebensmittel tobt eine Schlacht um Kunden und Marktanteile. Die elfte Preissenkung kommt.
Berlin. „Neue Preissenkung“ verkündet die Edeka-Tochter Netto gleich am Montag in ganzseitigen Zeitungsanzeigen. Das Glas Nutella gibt es jetzt für 1,85 Euro statt 1,99, der Becher Müller- Joghurt ist um fünf Cent billiger für nur noch 45 Cent zu haben.
Im deutschen Lebensmittelhandel war die bereits elfte Preissenkungswelle in diesem Jahr schon in der vergangenen Woche eingeläutet worden. Lidl hatte am Donnerstag als erster dick den Rotstift angesetzt. Die anderen Billigketten folgten prompt. Experten zufolge tobt die Preisschlacht aber nicht nur aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise. Vor allem die drei Giganten Aldi, Lidl und Netto kämpfen heftig um ihre Marktpositionen.
„Erstmals hat sich nun auch Netto so groß plakativ zu Wort gemeldet und damit Lidl angegriffen“, beobachtet Discount-Experte Matthias Queck vom Handelsinformationsdienst Planet Retail. Dass die neue Preisrunde eine andere Qualität hat, sei in der vergangenen Woche schon damit deutlich geworden, dass Lidl als Nummer zwei die „erste Duftmarke bei den Preisen“ setzte. „Normalerweise startet immer Marktführer Aldi und alle anderen ziehen nach.“ Neu sei auch, dass Aldi in seinen großen Zeitungsanzeigen einmal nicht auf die gefallenen Rohstoffpreise hinwies, sondern ganz offen von einer Preis-Offensive sprach. „Immer wenn wir Preise senken können, werden wir das tun“, hieß es.
Lidl in der Zange
Laut Queck befindet sich der zur Schwarzgruppe gehörende Lidl derzeit „in der Sandwichposition“. Einerseits werde er von Aldi bei den Eigenmarken – dem klassischen Discountsegment – in die Zange genommen. Andererseits gerät er mit seinen Markenartikeln durch den Emporkömmling Netto unter Druck.
Im schon seit Jahren hartumkämpften Discountgeschäft wird die Luft immer dünner. Insgesamt haben die rund 15.000 Billigheimer mittlerweile einen Marktanteil von gut 42 Prozent. Nach Einschätzung von Planet Retail ist insbesondere für die Märkte der Albrechtbrüder der deutsche Markt gesättigt.
„Anders als Lidl und Netto haben Aldi Nord und Süd mit ihren zusammen knapp 4300 Filialen kaum noch Spielraum. Die wachsen nur noch im Ausland“, betont Queck. Laut GfK in Nürnberg hat Aldi im ersten Halbjahr sogar einen Umsatzrückgang von gut 4 Prozent hinnehmen müssen.
„Die haben ihr Pulver jetzt verschossen“
Bei Lidl hingegen könnten zu den derzeit rund 3100 Märkten noch etwa 1000 hinzukommen. Die Expansion sei hier aber etwas gebremst worden. „Der Cash Flow (Geldfluss) wird für weitere Preisscharmützel zusammengehalten“, sagt Queck. Lidl sei in der Vergangenheit mehr über das Sortiment als über die Filialen gewachsen. Dieses werde derzeit gerade wieder etwas gestrafft. Netto ist derzeit hingegen noch mit der kostspieligen Integration der Plusmärkte beschäftigt, die Anfang des Jahres gestartet worden war und 2010 abgeschlossen sein soll. Dann könnte Edeka mit insgesamt rund 4000 Discountfilialen mitmischen.
Nach Ansicht von GfK-Experte Wolfgang Twardawa haben die Discounter die Preissenkungen viel zu früh eingeläutet. „Die haben ihr Pulver jetzt verschossen.“ Die Wirtschaftskrise sei als Anlass für die Reduzierungen genommen worden, um den Kunden entgegenzukommen. Diese waren aber von der Krise zunächst gar nicht so sehr betroffen. Das könnte sich jetzt zum Jahresende ändern, wenn die Arbeitslosenzahlen hochgehen.
Twardawa sieht den Spielraum für weitere Preissenkungen allerdings weitgehend ausgeschöpft und fürchtet, dass die Unternehmen in eine Kostenfalle laufen. Zudem zieht die Weltwirtschaft wieder an und damit gehen auch die Preise für Rohstoffe und Energie wieder hoch. Nach Einschätzung von Planet Retail könnte sich hingegen der Lidl- Netto-Krieg bei Markenartikeln aber noch verschärfen. „Das wird eine heiße Zeit, die Verbraucher können sich weiter auf niedrige Preise freuen“, prognostiziert Queck.