Der Topf ist fast leer. Derzeit werden jeden Tag 14.000 Anträge gestellt -doppelt so viele wie bislang.

Hamburg. Notwendige Starthilfe für die geplagte Autoindustrie oder wirtschaftlich zweifelhafter und ökologisch bedenklicher Schuss in den Ofen? Die Abwrackprämie in Deutschland sorgte in den vergangenen Monaten für einen Ansturm bei den Autohändlern und half dem privaten Konsum kräftig auf die Beine. Nun tickt die Uhr, der rund fünf Milliarden Euro große Fördertopf der Bundesregierung ist fast leer. Und in Deutschland ist eine hitzige Debatte darüber entbrannt, ob die Prämie, die viele Nachahmer im Ausland gefunden hat, der Nachfrage nachhaltig auf die Beine geholfen hat, ob sie verpufft oder sich gar als kontraproduktiv herausstellt.

Der Bamberger Automobilforscher Wolfgang Meinig malt schwärzeste Untergangsszenarien. Er rechnet nach dem Auslaufen der Prämie mit einem Absatzeinbruch von 800000 Fahrzeugen im kommenden Jahr, einem Händlersterben und dem Verlust zehntausender Arbeitsplätze. Durch die staatliche Subvention beim Kauf eines Neuwagens sei der Wettbewerb verzerrt worden, kritisiert er. „Bei der Kfz-Steuer anzusetzen, wäre einfacher und effektiver gewesen.“ Auch sein Kollege Ferdinand Dudenhöffer vom Car-Center der Uni Duisburg-Essen warnt schon länger vor dem Kater nach der Abwrackparty. Er erwartet sogar einen Absatzrückgang von einer Million Fahrzeugen in Deutschland.

Die Experten fürchten vor allem den Vorzieheffekt. Sie gehen davon aus, dass sich jeder, der ein neues Auto wollte, nun auch eines gekauft hat. Umso weniger Fahrzeuge werden dann nächstes Jahr gebraucht. Zum anderen gewöhnen sich ihrer Einschätzung nach die Käufer an das niedrige Preisniveau und sind kaum bereit sein, auf einmal wieder deutlich mehr auf den Tisch zu legen. „Da lässt man den Geist aus der Flasche“, sagt Fabian Brandt, Automobilexperte bei Oliver Wyman. „Selbst bei anziehender Nachfrage und geringerer Produktion sind Preiserhöhungen nur schwer durchzusetzen.“

Dennoch will der Experte die harsche Kritik an den Programmen nicht gelten lassen. „Historisch gesehen kann man zwar sagen, dass diese Programme weitgehend wirkungslos sind. Sie haben allenfalls eine Brückenfunktion.“ So seien ähnliche Programme in Frankreich in den 90er Jahren nahezu verpufft. „In Deutschland sind sich die Experten allerdings einig, dass es anders ist. Die konjunkturelle Entscheidung war eine richtige, zumal auch die Zulieferindustrie durch das Programm gestärkt wurde. Die Vorteile überwiegen in Summe.“

Der mit dem Auslaufen der Abwrackprämie zu erwartende Rückgang der Nachfrage werde durch eine zunehmende im Ausland abgelöst, argumentiert Brandt. Außerdem habe in Deutschland erheblicher Nachholbedarf geherrscht, da das Durchschnittsalter der Autos bei mehr als acht Jahren gelegen habe. „Das liegt über dem Durchschnitt der meisten Märkte.“ Und schließlich seien auch neue Käufergruppen für Neuwagen begeistert worden. „Sehr viele Kunden haben sich Neuwagen gekauft, die dies vorher nicht getan haben. Die werden sich zwar in Zukunft nicht noch einmal ein neues Auto kaufen, aber das war ein positiver Einmaleffekt.“

Auch der VDA ist weitgehend zufrieden mit der Prämie, Wunder erwartet man sich allerdings auch dort nicht. „Die Umweltprämie kann und muss nur eine vorübergehende Maßnahme sein“, sagt der Sprecher des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Eckehart Rotter. Sie habe kurzfristig zwar für einen Schub gesorgt, könne aber nicht dauerhaft für Nachfrage sorgen. Außerdem profitierten die deutschen Hersteller, besonders Premiumhersteller wie BMW, Audi oder Mercedes, ohnehin wenig von der Prämie, da eher kleinere und günstigere Autos gefragt seien. Der Vorteil sei, dass hier im kommenden Jahr der Bruch nicht zu drastisch ausfalle. „Da gibt es sicher keine dramatischen Vorzieheffekte.“ Auch Automobilexperte Brandt will noch nicht zu schwarz malen. „Es muss nächstes Jahr nicht zwangsläufig einen Rückgang geben.