Die Eigenheimzulage ist weggefallen, “Wohn-Riester“ kann auch nicht helfen - in Hamburg wird immer weniger gebaut.
Hamburg. Im ersten Halbjahr 2009 hat die Zahl der Baugenehmigungen für Eigenheime und Wohnungen um 8,1 Prozent auf 80 700 Einheiten abgenommen. Dabei waren Baufinanzierungen im gleichen Zeitraum so günstig wie selten. Im Frühjahr wurden Tiefstände bei Hypothekenkrediten mit zehnjähriger Zinsbindung von um die vier Prozent erreicht, im August liegt der Schnitt nach Angaben des Bundesverbands deutscher Banken bei 4,5 Prozent.
In der Hansestadt zeige sich bei den Baugenehmigungen die gleiche Tendenz wie im Bundesgebiet, sagte Michael Seitz, Hauptgeschäftsführer des Norddeutschen Baugewerbeverbands, in Hamburg: "Wir erreichen schon seit vielen Jahren immer neue Tiefststände beim Wohnungsbau." Nach dem Wegfall der Eigenheimzulage Anfang 2006 habe sich die Abwärtsbewegung noch verstärkt. Die neue "Wohnriester"-Regelung helfe da wenig, schon weil sie zu kompliziert sei.
Viele Bauwillige hätten aber auch angesichts der Wirtschaftskrise und der daraus resultierenden Unsicherheiten für ihre persönliche Zukunft ihre Pläne zurückgestellt - trotz niedriger Zinsen: "Wer zum Beispiel in Kurzarbeit geschickt wurde, wird wenig motiviert sein, sich auf Jahre zu verschulden." Tatsächlich fiel der Rückgang von Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser (minus 8,3 Prozent beziehungsweise minus 11,6 Prozent) noch deutlicher aus als bei den Wohnungen in Mehrfamilienhäusern (minus 4,6 Prozent).
Für die Bauwirtschaft sei der Wohnungsbau - der von staatlichen Konjunkturprogrammen überhaupt nicht profitiere - jedoch das bedeutendste Geschäftssegment, erklärte Seitz: "Damit hat der Rückgang auch Einfluss auf Arbeitplätze." Auch der gesamte Auftragseingang der Branche einschließlich Gewerbe- und öffentlichen Immobilien ist nach Angaben des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie im Zeitraum von Januar bis Mai 2009 um 10,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Konjunkturprogramme stützten zwar den öffentlichen Bau, können die Krise im Wirtschaftsbau aber nicht ausgleichen.
Seitz beklagte, dass zudem insbesondere der Bau von Mietwohnungen immer weniger lukrativ für Investoren werde. Er forderte daher eine "Entschlackung des Mietrechts" und steuerliche Anreize: "Wie soll eine Stadt wachsen, wenn der Mietwohnungsbau zurückgeht?" Seitz verwies auf Schätzungen von Experten, wonach in Deutschland jährlich 300 000 bis 400 000 neue Wohnungen benötigt würden, damit Wohnraum nicht allmählich knapp werde.
Großstädte wie Hamburg mit einer Mieterquote von rund 80 Prozent der Einwohner wären in erster Linie betroffen. "In Hamburg kann man bei günstigen, familienfreundlichen Wohnungen schon heute von einer Knappheit sprechen", so Seitz. Dies werde schließlich die Mieten hochtreiben, was vor allem Bevölkerungsschichten mit niedrigeren Einkommen belaste. "Der Bau von neuen Eigentumswohnungen kommt vor allem den Menschen mit mittleren und höheren Einkommen zugute, aber dieser Kreis dürfte durch die Wirtschaftskrise nicht größer werden."
Für die Hamburger Sparkasse jedoch stellt sich das Bild etwas anders dar: "Wir verzeichnen deutliche Zuwächse bei den Hypothekenkrediten", sagte Ulrike Zobel, Vertriebsmanagerin für Baufinanzierungen bei der Haspa, dem Abendblatt. Ähnliches höre man auch bei anderen Instituten. Auch die Deutsche Bank hatte für ihre Nordregion über kräftige Zuwächse bei den neu zugesagten Baukrediten berichtet.
Allerdings werde der Markt in Hamburg weniger von Neubauten als vielmehr von Bestandsimmobilienkäufen bestimmt, erklärt Ulrike Zobel. "Es zeigt sich, dass die Menschen derzeit in Sachwerte investieren möchten."