Aus der Schweinemast wurde nichts. Deshalb sattelte das 600-Seelen-Dorf Haßleben in der Uckermark auf Solarenergie um - mit Hilfe aus Hamburg.
Hamburg. Mit der Schweinemast ist es nichts geworden. Das 600-Seelen-Dorf Haßleben in der Uckermark lief Sturm gegen eine Großmastanlage mit 35 000 Tieren. Jetzt sattelte der holländische Investor Harry van Gennip um: Solarenergie statt Schweinezucht. Auf den Dächern der ungenutzten Ställe ließ er von der Hamburger Firma Colexon Energy AG 64 000 Dünnschichtmodule montieren, die Sonnenenergie in Strom umwandeln.
Mit 193 000 Quadratmeter Dachfläche ist es die größte jemals auf einem Dach installierte Solaranlage, die heute mit Politprominenz offiziell eingeweiht wird. Mit den 4,4 Millionen Kilowattstunden Solarstrom pro Jahr können 1000 Vier-Personen-Haushalte versorgt werden. "Eine Erweiterung der Anlage ist bereits geplant, sodass insgesamt 5,7 Millionen Kilowattstunden erzeugt werden können", sagt Jan Hutterer von Colexon Energy dem Abendblatt. Dachfläche sei in der Stallanlage aus DDR-Zeiten noch ausreichend vorhanden.
Solche Großprojekte können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Solarindustrie in der Krise befindet. "Es ist dramatischer als nur eine Wachstumsdelle", sagt Marc Günther von der Hamburger Sparkasse. "Denn in den Boomzeiten wurden riesige Überkapazitäten bei der Produktion von Solarmodulen geschaffen. Die Finanzkrise hat dazu geführt, dass wegen fehlender Aufträge die Preise einbrechen. "Bei Banken ist das Risikobewusstsein gestiegen, sodass nicht mehr jedes Projekt finanziert wird", sagt Hutterer. Aber Deutschland biete den Vorteil, dass es den Investoren eine auf 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung bieten kann. Wenn die Anlage noch in diesem Jahr ans Netz geht, gibt es für kleinere Anlagen für 20 Jahre 43 Cent je eingespeiste Kilowattstunde. Dünnschichtmodule sind vom Preisverfall nicht so stark betroffen wie die häufiger verwendeten monokristalinen Solarmodule, die aber einen höheren Wirkungsgrad haben. Die Dünnschichtmodule sind etwa 50 Prozent günstiger als kristaline Module, arbeiten auch bei diffusem Licht, benötigen aber mehr Fläche für die gleiche Energieausbeute. "Wir gehen davon aus, dass Dünnschichtmodule früher als andere Module Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen liefern können", sagt Hutterer.
Bis es so weit ist, hat die Branche aber noch schwer zu kämpfen: Absatzprobleme, Stilllegung von Produktionslinien, Kurzarbeit und Insolvenzängste herrschen gegenwärtig vor. "Vor allem die exportorientierten Unternehmen wie Q-Cells und Solarworld, die früher Exportquoten von 60 bis 70 Prozent hatten, haben jetzt zu leiden", sagt Günther. In Spanien, dem größten Solarmarkt der Welt, wurde die Förderung der Solarenergie auf ein Sechstel des früheren Niveaus gedeckelt. "Die Hoffnung, dass Solarprojekte in den USA und Asien ausgleichen können, ist bisher nicht aufgegangen", sagt Günther. Deutsche Solarzellenhersteller leiden neben der Finanzkrise auch unter strukturellen Problemen. Denn asiatische Fabriken produzieren um 30 bis 40 Prozent günstiger als deutsche. Freuen können sich die Käufer von Solarmodulen, denen bisher die Preise diktiert wurden. Nun können sie die Module bis zu 30 Prozent günstiger erwerben.