Der Weg für Desertec ist frei: Erste Kraftwerke sollen 2015 gebaut und bis 2050 gut 15 Prozent des europäischen Strombedarfs mit Sonnenenergie gedeckt werden.

München. Mit einem hunderte Milliarden Euro teuren Großprojekt wollen 12 Konzerne und eine Stiftung Europa künftig mit Solarstrom aus der Wüste versorgen. Auf dem Weg zum größten Ökostromprojekt aller Zeiten unterzeichneten sie in München eine Grundsatzvereinbarung zur Gründung der so genannten Desertec Industrial Initiative. Diese soll nun binnen drei Jahren detaillierte Pläne erarbeiten, wie mit Sonnenkraftwerken bis 2050 rund 15 Prozent des europäischen Strombedarfs gedeckt werden können.



Neben der Solarenergie will Desertec auch Windenergie gewinnen. Zudem steht auch die Frage, wie der Strom nach Europa transportiert werden kann, auf der Aufgabenliste der Initiative für die nächsten drei Jahre. Die ersten Kraftwerke könnten etwa 2015 gebaut werden, sagte Peter Höppe von der Münchener Rück. Der Konzern hat die Industrie-Initiative angeschoben. Bis 2020 sollen bereits 3 Prozent des europäischen Stroms von dem Projekt geliefert werden, wie Höppe sagte.


Laut der Planung müsse man schnell auf Reisegeschwindigkeit kommen, sagte Torsten Jeworrek von der Münchener Rück. Es gehe dann nicht darum, einzelne Leuchtturmprojekte anzuschieben, sondern einen ganzen Verbund von Projekten zu schaffen, damit der Bau großer Stromleitungen auch gerechtfertigt sei.


Zu den Kosten existieren Schätzungen, die von einem Investitionsbedarf von rund 400 Milliarden Euro ausgehen. Deutsche-Bank-Berater Caio Koch-Weser sprach im Zusammenhang mit der Finanzierung dieser Summe von einer „gewaltigen Herausforderung“, die von vielen Institutionen getragen werden müsse.

Die Technik ist das kleinere Problem

Die Deutsche Bank ist wie Siemens, RWE und E.ON eines der weiteren Schwergewichte unter den Gründungsmitgliedern von Desertec. Die Investitionen in die Planungsinitiative, die nach der Grundsatzvereinbarung bis Oktober gegründet sein soll, nehmen sich im Vergleich zur Gesamtsumme für das Projekt bescheiden aus. Sie soll 1,8 Millionen Euro pro Jahr erhalten.

Sollte der Plan verwirklicht werden, wäre es die bei weitem größte Privatinitiative zum Klimaschutz, sagte Torsten Jeworrek von der Münchener Rück. Die technische Umsetzbarkeit halte er dabei für das kleinere Problem. Die Technologie existiere bereits. Das Projekt sei aber anspruchsvoll und brauche Unterstützung von Politik und Gesellschaft. Gerade die Reaktionen aus der Politik machten ihm aber Mut.

Solarthermie soll auch nachts Strom liefern

Der größte Teil des Stroms soll bei Desertec mit Hilfe von solarthermischen Dampfkraftwerken erzeugt werden. Anders als bei Solarzellen wird das Licht dabei nicht direkt in Strom umgewandelt. Stattdessen werden die Sonnenstrahlen gebündelt und erhitzen ein Spezialöl, das wiederum Wasser verdampft. Daraus wird dann, wie in herkömmlichen Kraftwerken, der Strom mit Turbinen gewonnen.

Solche Kraftwerke existieren bereits, unter anderem in den USA und Spanien. Einer ihrer Vorteile gegenüber Solarzellen ist, dass mit ihnen relativ leicht auch Energie gespeichert werden kann, so dass sie die Versorgung auch in der Nacht ermöglichen.

Die Initiative ist nicht unumstritten. Kritiker sehen vor allem die Standorte als problematisch an. Sie sorgen sich um politische Instabilität in den Regionen sowie eine mögliche Abhängigkeit Europas von den Staaten, in denen die Anlagen gebaut werden sollen. Andere gehen davon aus, dass die Initiative von der technischen Entwicklung überholt werden könnte, die Solarzellen in den nächsten Jahrzehnten auch in Europa rentabel machen werde.