Geldinstitut erzielt trotz Krise im ersten Quartal 25 Prozent Rendite. Aktionärsschützer fordern Rücktritt des Chefaufsehers Börsig.
Frankfurt/Hamburg. Auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank ist es zu einer überraschenden Wende gekommen: Nachdem der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Börsig im Vorfeld scharfe Kritik von Aktionärsseite hinnehmen musste, weil er angeblich versucht haben soll, sich selbst als Vorstandschef des Konzerns zu installieren, stärkte man ihm nun demonstrativ den Rücken. Derartige Vorwürfe seien "völlig unbegründet", sagte Aufsichtsrat Tilman Todenhöfer. Er ist im Aufsichtsgremium der Vorsitzende des mit Personalfragen betrauten Präsidialausschusses.
Der Hintergrund: Ackermann hatte schon vor längerer Zeit angekündigt, sein Amt im kommenden Jahr aufgeben zu wollen. Damit war es Börsigs Aufgabe, einen Nachfolger zu finden. Doch Ende April verlängerte der Aufsichtsrat völlig unerwartet Ackermanns Vertrag bis zum Jahr 2013. In Finanzkreisen hieß es dazu, der frühere Finanzvorstand Börsig habe sich selbst für die Ackermann-Nachfolge nominieren wollen, was aber am Widerstand einflussreicher Aktionäre und der Arbeitnehmervertreter gescheitert sei.
Dieser Darstellung widersprach Todenhöfer gestern. Zwar habe der Aufsichtsrat bei der Suche nach einem neuen Vorstandschef durchaus alle Alternativen bedacht - "bis hin zu der Notwendigkeit, Dr. Börsig in die Pflicht zu nehmen". Doch der habe deutlich gemacht, "dass er in dieser Hinsicht keinerlei Ambitionen hat".
Für die Aktionärsseite ist das Thema allerdings damit nicht erledigt. Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz verglich die Solidaritätserklärung mit ähnlichen Äußerungen von Fußballklubs für schwer angeschlagene Trainer: In aller Regel seien dies Lippenbekenntnisse, "mit der Folge, dass spätestens am nächsten Spieltag ein anderer auf der Bank sitzt". Nieding griff Börsig wegen dessen Rolle bei seiner Suche für einen Ackermann-Nachfolger direkt an: "Durch Ihr unglückliches Vorgehen haben Sie selbst die Werkzeuge für Ihre eigene Demontage geliefert." Ein Aktionär ging noch einen Schritt weiter: "Treten Sie zurück, Herr Börsig", sagte er.
Ackermann selbst ließ sich kein böses Wort über seinen Chefaufseher entlocken: "Unsere Zusammenarbeit funktioniert sehr gut." Ansonsten zeigte sich der Vorstandsvorsitzende, der die Bank nun noch drei Jahre länger führen wird als vorgesehen, auffallend gelöst und gut gelaunt. Ganz im Gegensatz zu Börsig durfte er sich von den Aktionärssprechern sogar Lob anhören: Er habe den deutschen Branchenprimus bisher recht passabel durch die Turbulenzen der Wirtschaftskrise geführt.
Zwar werde auch das Jahr 2009 nicht einfach, doch die erfreuliche Entwicklung des Jahresanfangs habe sich im zweiten Quartal fortgesetzt, sagte Ackermann. Nach tiefroten Zahlen 2008 hatte die Deutsche Bank für die ersten drei Monate 2009 einen Überschuss von 1,2 Milliarden Euro ausgewiesen und dabei sogar ihr Ziel einer Eigenkapitalrendite von 25 Prozent erreicht. Ackermann verteidigte die Vorgabe, die Kritikern angesichts der Finanzkrise als Beleg für die Gier der Banker gilt. Die Bank erreiche es "nicht, wie manche behaupten, weil wir übermäßige Risiken eingehen", sagte der 61- Jährige. "Wir erreichen diese Rendite, weil wir ein überzeugendes Geschäftsmodell und eine starke Marktposition haben." Er sei "sehr froh, dass wir, die Deutsche Bank, die Regierung nicht um Steuergelder haben bitten müssen".
Wenig Neues gab es auf der Hauptversammlung zu der jüngst aufgedeckten Bespitzelungsaffäre. Die Bank hatte Regelverstöße im Zusammenhang mit der Konzernsicherheit eingeräumt. Die Finanzaufsicht ermittelt derzeit, wer durch wen bespitzelt worden ist. Finanzkreisen zufolge sind auch hochrangige Manager betroffen. Ackermann machte die Aufklärung zur Chefsache: "Ich habe mich selbst an die Spitze der Untersuchung gestellt", sagte der Schweizer. Die bislang vorliegenden Erkenntnisse zeigten, dass es kein systematisches Fehlverhalten in der Bank gegeben habe. Es gehe vielmehr um wenige zeitlich weit zurückliegende Einzelfälle. Die Vorfälle seien weder 2008 noch 2009 passiert. Kontendaten oder andere Informationen über Kunden seien nicht betroffen.