Der Handelsriese hofft auf Bankbürgschaften für Milliardenkredite. „Allein in 36 Städten sind wir das einzige Warenhaus“, begründete Arcandor-Vorstand Stefan Herzberg den Hilferuf an den Staat.
Essen. Der um das Überleben kämpfende Touristik- und Handelskonzern Arcandor hofft auf Hilfe vom Staat. Der Konzern führe darüber „derzeit Gespräche in Brüssel, Berlin und Düsseldorf“, sagte der für die Karstadt-Warenhäuser zuständige Arcandor-Vorstand Stefan Herzberg im Gespräch mit der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (“WAZ“). Dabei geht es in erster Linie um Staatsbürgschaften für die vom Handelsriesen benötigten Milliardenkredite.
Die Zeit für Arcandor wird knapp. Bereits am 12. Juni läuft eine Kreditlinie des Unternehmens über 650 Millionen Euro aus. Bis September muss der Handelsriese seine Banken nicht nur dazu bewegen, trotz der Konjunkturkrise Kredite in Höhe von 950 Millionen Euro zu verlängern. Der Konzern braucht nach eigenen Angaben darüber hinaus für die nächsten fünf Jahre weitere 900 Millionen Euro Kredit. Dies könnten Staatsbürgschaften erleichtern. „Wir wollen nichts geschenkt haben. Jeden Cent zahlen wir zurück“, sagte Herzberg der „WAZ“.
„Wir sind das Herz der Innenstadt“
Der Manager verwies dabei auf die Bedeutung der Karstadt-Warenhäuser für viele Kommunen. „Wir sind das Herz der Innenstadt. Allein in 36 Städten sind wir das einzige Warenhaus. Ohne uns würden viele Einkaufsstraßen ihren Mittelpunkt verlieren.“
Bisher ist es Arcandor noch nicht gelungen, eine Verständigung mit den Hausbanken zu erzielen. „Die Bankengespräche sind erwartet für beide Seiten anstrengend, aber wir sind nach wie vor zuversichtlich eine Lösung zu finden“, sagte Konzernchef Karl-Gerhard Eick der „Bild am Sonntag“ (“BamS“). Doch hofft der Manager offenbar, dass Staatsgarantien eine Einigung erleichtern könnten. „Wir streben an, in Kürze über die Banken einen offiziellen Antrag auf Staatsbürgschaften zu stellen“, kündigte er an.
Der Arcandor-Chef bemühte sich, Sorgen um die prekäre finanzielle Situation des Unternehmens einzudämmen. „Die Mai-Gehälter unserer Mitarbeiter sind nach heutiger Informationslage durch ausreichend Liquidität abgesichert“, sagte er der „BamS“.
Aktienkurs bricht ein
Dennoch ließen die Berichte über die Schwierigkeiten des Konzerns den Aktienkurs am Montag einbrechen. Bis zum Montagnachmittag verlor die Arcandor-Aktie mehr als 13 Prozent an Wert.
Der Essener Konzern hatte erst vor wenigen Tagen überraschend die für den kommenden Donnerstag geplante Veröffentlichung seines Zwischenberichts um zwei Wochen verschoben. Der Bericht über das erste Halbjahr soll nun erst am 29. Mai erscheinen.
Der Grund für die Verschiebung des Berichts seien die aktuellen Strukturveränderungen im Konzern, aber auch die laufenden Verhandlungen mit den Banken und der Politik über die Zukunft des Unternehmens und seine Refinanzierung, hieß es.
Alsterhaus steht zum Verkauf
Der neue Arcandor-Chef Eick will den angeschlagenen Handelsriesen mit einer Schrumpfkur retten. Dabei stellte er nicht nur die Luxus-Warenhäuser des Konzerns – KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München – zum Verkauf. Zur Disposition stehen auch acht „normale“ Kaufhäuser des Konzerns, sowie 1.500 Quelle-Shops und 115 Technikcenter des Versandhauses. Rund 12.500 der 86.000 Konzernmitarbeiter sind von den geplanten Umstrukturierungen betroffen.